Möchtest du einmal dein eigenes Unternehmen gründen? Dann bist du nicht alleine. Allerdings setzen die Wenigsten ihren Traum in die Realität um. Das liegt oft auch daran, dass sie nicht wissen, wie sie bei der Gründung vorgehen sollen und wo sie Unterstützung finden können. Die Ideenfindung, das unternehmerische Denken, das Marketing des Produkts und die Finanzierung der Gründung, all das kann schwierig sein. Um eine erste Vorstellung davon zu bekommen, was das Abenteuer Selbstständigkeit mit sich bringt, haben wir für euch mit erfolgreichen Start-ups über ihre Erlebnisse und Erkenntnisse aus diesen vier essentiellen Gründungsphasen Interviews geführt und beim Venture Club, der mit seinen regelmäßigen Gründer-Vorträgen und anderen Veranstaltungen den Gründergeist in Münster verstärkt, nachgefragt, auf was es bei diesen Schritten ankommt.
Am Anfang jeder Gründung steht eine Idee. Doch nicht jeder ist von Geburt an mit überragender Kreativität gesegnet. Aber keine Bange: Disruptives Denken kann trainiert werden. „Zum Beispiel kann man sich bei ganz alltäglichen Situationen, wie dem Zähneputzen immer wieder fragen, wie sie besser gemacht werden könnten. Ich kann mir vornehmen, so bis zum Mittagessen jeden Tag mindestens zehn Ideen zu sammeln, egal ob diese realisierbar sind oder nicht“, schlägt Friedrich Grimm, Vorstandsvorsitzender des Venture Clubs, vor, um das eigene Innovationspotential auf einem einfachen Weg zu fördern. Für alle, die mehr wollen, hält das Internet Unmengen an weiteren Techniken bereit.
Es gibt also für jeden einen passenden Weg, den „Kreativitätsmuskel“ zu trainieren und die Augen für Verbesserungspotential zu öffnen. Eine Idee alleine reicht jedoch nicht für eine erfolgreiche Gründung. Sie muss sich auch verkaufen können. Wer gründen will, muss seinen Einfall auch immer auf seine Markttauglichkeit überprüfen. Grimm zufolge sei es deshalb oft einfacher, Ideen zu realisieren, die sich an Geschäftskunden richten. Hier bestünde oft die Möglichkeit, das Produkt in Kooperation mit dem Kunden zu entwickeln und so dessen Branchenexpertise zu nutzen. Der Geschmack von Verbrauchern lasse sich oft nur durch teure Marktforschung bestimmen, deren Ergebnisse aber auch nicht zuverlässig sein müssten.
Die Gründer von Foodtracks können von sich behaupten, eine wirklich gute Idee gehabt zu haben. Das Start-up bietet Softwarelösungen für kleine und mittelständische Bäckereien, die ihnen helfen, am Ende des Tages weniger überschüssige Backwaren wegwerfen zu müssen und so nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher zu sein.
SSP: Bitte stellt euch und eure Idee kurz vor.
Wir sind Tobias Pfaff und Eyüp Aramaz und haben vor ca. zwei Jahren FoodTracks gegründet. Mit unserer Controlling-Software liefern wir Bäckereien die besten Handlungsempfehlungen und einzigartige Erkenntnisse für Bestellplanung, Verkauf und Personalmanagement. Unsere Vision ist es, das Bäckerei-Controlling zu revolutionieren, um Bäckereien profitabler und deren Kunden glücklicher zu machen.
SSP: Wie kamt ihr darauf, Big Data und das Backhandwerk zu verbinden?
Tobias hat während seines Lehrauftrages an der FH Osnabrück im Jahr 2014 bereits mit Daten von Bäckereien gearbeitet. Diesen Wissensvorsprung haben wir für uns genutzt und nach einer kurzen Evaluierung des Lebensmittelmarktes Anfang 2016 war es uns wichtig, dass wir uns zunächst auf das Bäckereihandwerk fokussieren. Zudem waren die Bäckereien, mit denen wir gesprochen haben, von Anfang an davon begeistert, wie gut wir ihre bestehenden Herausforderungen in Bestellplanung, Verkauf und sogar Personaleinsatzplanung mit intelligenter Datenanalyse bzw. Big Data lösen können.
SSP: Kam die Idee zufällig oder habt ihr gezielt nach einem neuen Markt für datengestützte Geschäftsoptimierung gesucht?
Wir haben im Rahmen des Startup-Inkubationsprogramms der sogenannten Founders Foundation in Bielefeld gezielt nach interessanten Märkten gesucht, die unseren Interessen entsprachen und die geeignet erschienen, um ein Business darauf aufzubauen. Intelligente Datenanalyse und algorithmische Entscheidungsfindung werden zwar seit mehreren Jahren von großen Konzernen (z. B. im Finanzwesen) eingesetzt, im Bäckereihandwerk hatte sich das Thema bislang nicht durchgesetzt. Dies war die zündende Idee für FoodTracks.
SSP: Gründungsinteressierten und Gründern wird häufig empfohlen, ihren „Ideenmuskel“ zu trainieren, um irgendwann auf eine Idee mit Potential zu stoßen. Macht ihr das auch? Wie haltet ihr euer Innovationspotential und eure Kreativität aufrecht?
Es kommt nicht zwangsläufig auf die Idee an. Die gibt es bekanntlich wie Sand am Meer. Meistens scheitert es an ihrer Umsetzung. Wir haben gelernt, dass eine Idee noch kein Garant für ein erfolgreiches Unternehmen ist. Wir finden es wichtig, Ideen schnell am Markt validieren zu können, um zu schauen, ob es eine Nachfrage dafür gibt.
SSP: Wie lange hat es von eurer ersten Idee bis zur jetzigen Umsetzung gedauert? Was musste dazwischen alles passieren?
Wir haben als Teilnehmer des Founders Camps in Bielefeld zunächst sechs Monate für das Proof-of-Concept und den ersten Prototypen unserer Software benötigt. Anschließend ging es darum, ein Team zusammenzustellen, den Prototypen weiterzuentwickeln und zu prüfen, ob wir externes Kapital benötigen, um unseren Start und das Wachstum zu finanzieren. Es war von Anfang an enorm wichtig, dass wir ein Businessmodell hatten, mit dem wir Umsätze generieren konnten.
SSP: Ihr fokussiert euch auf mittelständische Bäckereien. Was macht diese aus und wieso habt ihr euch für diese Zielgruppe entschieden?
Du musst dir das so vorstellen: Eine mittelständische Bäckerei mit 30 Filialen, die sieben Tage die Woche geöffnet haben und 130 Produkte anbieten, muss in der Woche 30 x 7 x 130 Entscheidungen treffen. Das sind über 25.000 Entscheidungen pro Woche! Wir helfen mit FoodTracks bei der Analyse dieser Datenmenge und beantworten Fragen wie: Welche Filiale verkauft an welchen Tagen besonders viele Produkte welchen Typs? Wie viele Mitarbeiter braucht welche Filiale zu welchen Zeiten? Welche Produkte müssen mehr produziert werden? Wo lassen sich durch qualifizierte Daten Retouren vermeiden?
SSP: Wie wichtig war die Zusammenarbeit mit euren (ersten) Kunden für die Evaluierung und die zielgruppengerechte Realisierung eurer Idee?
Die Zusammenarbeit mit unseren ersten Kunden war und ist nach wie vor elementar wichtig. Darum geht es bei der Evaluierung und Realisierung einer Idee. Es geht aus unserer Sicht nicht ohne begeisterte Kunden, die aktiv an dem Schleifprozess der Ideen arbeiten. Für sie ist es immerhin genauso wichtig, dass die Idee am Ende funktioniert, weil sie sich natürlich etwas davon versprechen.
SSP: Die Oetker-Gruppe investiert in euer Unternehmen. Ist eine Investition von einem so großen und bekannten Konzern die endgültige Bestätigung, dass ihr eine gute Geschäftsidee habt?
Eine Investition ist definitiv ein Zeichen dafür, dass der Investor Vertrauen in das Team hat und das Geschäftsmodell als tragfähig einschätzt. Für die Oetker-Gruppe war es ein strategisches Investment, um bei der Digitalisierung breiter aufgestellt zu sein.
SSP: Was macht eine Idee zu einer guten Idee?
Eine gute Idee löst nicht nur ein echtes Problem am Markt, sondern schafft Wertschöpfung und beinhaltet ein Businessmodell, das Umsätze generiert.
Das denkt auch Grimm. Doch für ihn gibt es noch einen weiteren kritischen Faktor: „Gründer scheitern, weil sie keine marktfähige Idee haben oder weil sie nicht den Mut haben, sie umzusetzen.“ Deshalb widmet sich unser nächster Teil der Frage, wie Gründer den Mut finden, ihre Idee zu realisieren.
Mehr Infos zu FoodTracks und dem Venture Club:
FoodTracks im Internet und auf Instagram,
der Venture Club im Internet und auf Facebook.
Das FoodTracks-Team wächst weiter und ist daher auf der Suche nach Talenten, die das Münsteraner Start-up auf seinem Weg unterstützen wollen, die Verschwendung von Lebensmitteln mit intelligenter Datenanalyse einzudämmen. Mehr Infos zu offenen Stellen findet ihr hier.