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Was vom Tage übrig bleibt

Landet sonst im Müll: Pilze, Brot, Kartoffeln...

Lebensmittel einzukaufen kann in Münster schon mal einen Berg an Entscheidungen beinhalten: Hauptsächlich die, wo es überhaupt hingehen soll. Es gibt eine breite Auswahl an Discountern, Supermärkten, mittwochs und samstags den Markt in der Innenstadt und unendlich viele Restaurants, Cafés und Lieferdienste. Da bleibt auch eine große Menge an Lebensmitteln über, die niemand mehr kaufen möchte; um diese Lebensmittel kümmern sich die Foodsaver.

Die Tomate ist nicht rund genug, einzelne Bananen kauft niemand und die Gurke weist eine minimale Krümmung auf, die nicht irgendwelchen Bestimmungen genügt, und landet – wie vieles andere auch – im Müll. Besonders bei Lebensmitteln passiert es leider immer wieder, das eigentlich gute Sachen weggeworfen werden. Dabei ist der Bedarf doch da. Und mal ehrlich, mich selber kümmert es nicht, wenn mal ein Apfel eine Druckstelle hat oder der Salat nicht mehr der frischeste ist. Dafür sind diese Lebensmittel oft günstiger und gerade als Studentin mit begrenzten Budget makel ich da nicht herum. Und auch mit einem etwas nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln kann man viel verändern. In Münster tut sich da so einiges, besonders die Gruppe von “foodsharing” gehört dazu.

Sie setzen sich dafür ein, dass das Essen nicht im Müll, sondern auf unseren Tellern landet, wie zum Beispiel Christina und Romy. Die beiden gehören zu den Lebensmittelrettern von “foodsharing”. Sie treffen sich zum Beispiel an den Markttagen auf dem Domplatz und sammeln alles, was von den Ständen übrig bleibt. „Mit manchen Händlern haben wir schon eine Kooperation, die bringen uns die Lebensmittel an unseren Treffpunkt am Dom. Zusätzlich gehen auch einige von uns über den Markt und fragen nach übrig gebliebenen Obst oder Gemüse”, erklärt Christina. Je nach Wetter und Besucherandrang auf dem Markt kann das mal mehr oder weniger sein, was schließlich in den Kisten der Lebensmittelretter landet. Aber irgendwas bekommen sie immer. „Wir haben auch Kooperationen mit einigen Restaurants und Geschäften, da bleibt ja auch was über und die Reste des Essens werden dann von extra dafür ausgewählten Leuten dort abgeholt und zu uns gebracht.“ Jeden Samstag wandert das Team dann, nach dem Markt, gemeinschaftlich zum SpecOps und bereitet dort alles vor, um es mit anderen zu teilen. „Schlechte Sachen sortieren wir natürlich aus, aber wenn nur etwas weggeschnitten werden muss, ist das schon noch in Ordnung“, erzählt mir Romy. Sie gehört seit Dezember zu dem heutigen Team, die mir alles zeigen und mit das Prozedere erklären. „Foodsaving ist einfach eine tolle Sache,  hier wird regelmäßig gerettet, was sonst im Müll landen würde. Ich habe das Buch von Raphael Fellmer (Anm. d. Reaktion: foodsaving-Guru) gelesen und fand es klasse, dass es sowas auch hier in Münster gibt.“ Nachdem sie einen online-Test absolviert hatte, bei dem sie zeigen muss, ob sie das Prinzip “Lebensmittel retten” verstanden hat, gehörte sie zum Team.

Während wir uns unterhalten, wird die Schlange vor der kleinen SpecOps-Bühne immer länger, denn die Lebensmittel sind kostenlos. Jeder kommt: Studenten, Familien, manche regelmäßig, manche ganz selten.  Pünktlich um vier Uhr macht Christina ihre Ansage und heißt alle herzlich willkommen. Dann geht es los. Ganz geordnet. „Jeder darf sich anstellen so oft er möchte, allerdings immer nur zwei Hände voll nehmen, damit es für alle reicht.“, erklärt sie. Am Ende sind fast alle geretteten Lebensmittel weg, nur ein paar Pilze und Kräuter sind noch übrig. Ich selber durfte mir auch etwas aussuchen. „Bei uns kann jeder etwas vorbeibringen oder nehmen, da gibt es keinen festen Regeln“, meint Christina zu mir. Die letzten Sachen teilen die Foodsaver unter sich auf, der Rest kommt mit in die Kleine Brücke, dort wird immer am Mittwoch verteilt. „Da gibt’s sogar richtiges Mittagessen, das dürfen wir hier, verständlicherweise, nicht.“ Das Prinzip zeigt, dass es vielleicht gar nicht so wichtig ist, ob Lebensmittel irgendwelchen Normen entsprechen oder nicht und hinterlässt bei mir den Vorsatz, so manch einer Gurke eine zweite Chance zu geben!

 

Mehr über die Lebensmittelretter und wie ihr mitmachen könnt erfahrt ihr unter: foodsharing.de. Lebensmittel abgeben könnt ihr übrigens auch in der Facebookgruppe „Foosharing Münster“.

Dieser Artikel erschien der Ausgabe 434 des Semesterspiegels mit dem Titelthema „Nachhaltigkeit“. 

 

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