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Feminismus im Deutschrap – Ikkimel vs. Shirin David

Deutschrap und Feminismus. Zwei Begriffe, die man auf den ersten Blick eher nicht miteinander verbinden würde. Doch in den letzten Jahren ist genau das immer mehr zum Trend geworden. Frauen, die in ihren Rap-Texten sich selbst und ihre Weiblichkeit feiern. Zwei der bekanntesten Beispiele für dieses Genre sind wohl Ikkimel und Shirin David. Beide werden in- und außerhalb der Deutschrap-Szene als feministische Ikonen gefeiert, aber auch kritisiert. Doch die Art und Weise, in der sie diesen Feminismus ausdrücken, könnte unterschiedlicher nicht sein.

Während Ikkimel in ihren Texten vor allem Parties, Drogen und Sex thematisiert, geht es bei Shirin David, vor allem in ihren neueren Songs, immer öfter um Status, Geld und den typischen Clean-Girl-Lifestyle.

Dennoch setzen sich beide oft sexualisiert in Szene, treten dabei meist als der dominantere Part auf und drehen stereotype Geschlechterrollen um, indem sie die Männer, über die sie singen, objektifizieren. Bei Shirin David ist der Bruch dieser Rollen aber oft nur bedingt gegeben, denn der Mann, mit dem sie sich zufrieden gibt, muss vor allem eins sein: reich. So singt sie in ihrem Song „Lieben wir“: „Treffen uns um eins, keine Ahnung wie er heißt, aber mh er ist reich. Lieben wir.“ Dazu kommt noch, dass sie sich in einigen ihrer aktuellen Lieder eher als niedlich inszeniert, mit Reimen wie „Ganz wenig Schlafi, posten süße Bikini-Piccys. Auf einer Yachti. Wie Elon Muski. Und hören Hafti“, in ihrem Song „Küss mich doch“.

Bei Ikkimel ist das Ganze dann doch etwas direkter und vor allem provokanter. In „Männergefühle“ singt sie: „Was ich dir zu sagen hab‘, ist: ‘Ich Frau, du nichts.’ Und sie fragen: ‘Ikkimel, was hältst du so von Männern?’ Ich sag‘ mal so: ‘Ich fick‘ sie gern, aber muss die nicht kennenlernen.’“ Damit passt sie sich eindeutig nicht dem gesellschaftlichen Stereotyp einer Frau an.
Diese provokanten und oft expliziten Texte sind fast schon wie ein Markenzeichen für Ikkimel. Mit Lyrics wie „Er kriegt in den Arsch, jetzt kommt der Strap-On dran“ sexualisiert sie sich zwar selbst, aber ganz sicher nicht zu Gunsten patriarchaler Frauenbilder. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, bricht mit heteronormativen Vorstellungen von Sex und ist dabei auch noch selbstbewusst. Ihre Texte und Ästhetik könnte man fast schon als dreckig bezeichnen. 

Ganz anders als Shirin, die bewusst in das Clean-Girl-Image hinein spielt. Besonders deutlich wird das in ihrem bekannten Hit „Bauch Beine Po“. Hier singt sie nicht nur von Iced-Matcha-Lattes und Champagner mit den Girls, sondern es geht vor allem um Fitness. Sie ruft dazu auf, ins Gym zu gehen, um genauso skinny zu werden wie sie. Obwohl viele Fans das Lied als Ironie interpretieren, kann man die Message auch sehr ernst nehmen und kritisieren.

Im Vergleich dazu findet man in Ikkimels Texten eher wenige solcher stereotypischen Schönheitsideale. Sie beschreibt sich selbst zwar oft als attraktiv, macht das aber selten an bestimmten Eigenschaften fest. Auf solche geht sie eher bei den Männern ein, um die es in ihren Liedern geht. Allerdings auch ganz anders, als man erwarten würde. Mit Lyrics wie „Ich bin so ein gutes Vorbild, mir egal, wie er aussieht. Großer Schwanz und vier Finger, fick‘ mich heute Nacht behindert“ bricht sie auf ironische Weise mit stereotypischen Schönheitsbildern.
Genauso provokant ist auch, wie oft sie in ihren Texten das Wort „Fotze” nutzt. Durch Lyrics wie „Ich bin offiziell die allergrößte Fotze der Stadt“ aus ihrem Song „Bikini grell“, nutzt sie den Begriff, um sich selbst zu feiern. Sie nimmt ihm damit seine eigentlich beleidigende und frauenfeindliche Bedeutung. Das ist natürlich kein neues Konzept, es zeigt aber immer noch seine Wirkung und stößt bei konservativeren Hörer:innen an.

Shirin David nutzt auf eine ähnliche Weise oft den Begriff „Bitch”. Bei ihr hat dies aber nicht ganz die gleiche Wirkung. Zum einen, da das Wort im Vergleich zu „Fotze” schon normalisierter im Sprachgebrauch ist, auch außerhalb des Gebrauchs als Beleidigung. Zum anderen, da sie selbst den Begriff trotzdem oft als Abwertung nutzt, zum Beispiel in „Bauch Beine Po“: „These Bitches could never, glaub mir ich kann“.

Man kann von beiden Künstlerinnen halten was man möchte und es wäre wohl auch nicht falsch beide Frauen, oder zumindest ihre Texte, als feministisch zu bezeichnen. Dennoch stellt sich die Frage, welche Art des Feminismus in unserer heutigen Zeit wirklich ankommt. Eine laute, provokante und betont nicht-entschuldigende Art oder eine, die an manchen Stellen doch wieder dem Patriarchat entgegenkommt?

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