Junge Erwachsene in Deutschland sehen sich mit vielfachen Krisen konfrontiert. Der Großteil der Befragten der Studie „Jugend in Deutschland 2025“ gab zwar an, mit ihrer persönlichen Zukunft zufrieden zu sein – die politische Zukunft wird von vielen jungen Menschen allerdings deutlich weniger rosig gesehen.
Relevante Zukunftsthemen sollen für „die Jugend“ demnach etwa die Rolle von KI, der Klimawandel, gesellschaftliche Spaltung sowie globale politische Krisen, Konflikte und Machtverschiebungen sein. Drei 20-Jährige habe ich nach ihren persönlichen Einstellungen und Zukunftsvisionen gefragt.
Zukunftsthemen
Ida: Zu den Themen, die wichtig sind, gehört der Klimawandel. Der wird sich verschlimmern und sehr viel mehr Menschen betreffen, auch in Europa. Ansonsten finde ich, die Politik wird im Moment mehr rechts, gefühlt in allen Ländern. In der linken Szene hat man eher existenzielle Ängste, vor allem durch den Klimawandel. Allgemein sind alle negativer oder pessimistischer. Was mich beunruhigt als junger Mensch, ist auch die Wohnsituation. Die Generation meiner Eltern hatte noch mit einem guten Job die Möglichkeit, sich ein Haus zu kaufen oder zumindest eine Wohnung in einer guten Lage zu finanzieren. Das wird mehr und mehr zu einer Schwierigkeit, weil die Wohnpreise immer weiter steigen.
Finn: Erstmal das Grundsätzliche: offensichtlich mehr Naturkatastrophen und härtere Lebensbedingungen, Ressourcenknappheit in erster Linie. Mal abgesehen davon – sollten wir zu dem Zeitpunkt noch leben – gehe ich von einer starken Beeinflussung unseres Lebens durch künstliche Intelligenz aus. Ich habe mich viel mit dem Konzept Superintelligenz auseinandergesetzt, also wie weit sich KI weiterentwickeln kann und was für eine Rolle das in unserem Leben in der Zukunft spielen könnte.
Klimawandel
Siiri: Ich befürchte, dass der Klimawandel nicht aufzuhalten ist und die Erde auf jeden Fall irgendwann unbewohnbar wird für uns Menschen. Um den Klimawandel so aufzuhalten, dass wir langfristig weiter auf der Erde wohnen bleiben können, müsste die komplette Welt zusammenarbeiten und einen effektiven Plan entwickeln. Das wird niemals funktionieren. Vor allem wir als Industrieland sind ein großer Antreiber des Klimawandels, aber die Effekte davon sind woanders doller zu spüren. Ich glaube, es werden alle ganz dumm gucken, wenn irgendwann super viele Leute aufgrund von Klimakatastrophen zu uns wollen.
Ida: Dadurch, dass Flutkatastrophen, aber auch Dürre, viel stärker werden, wird das noch mehr Verunsicherung bringen. Vielleicht kann man hoffen, wenn Leute es mehr präsent fühlen, dass sie dann auch mehr dagegen tun wollen. Aber tendenziell denke ich, dass der Klimawandel die Klassenunterschiede größer macht, auch global. Leute, die weniger Geld haben, können sich weniger schützen und werden härter davon betroffen sein. Damit sich Politiker mehr damit beschäftigen, müssten vielleicht andere Themen weniger präsent sein. Wenn allgemein weniger Krieg herrscht, dann wird vielleicht auch mehr auf den Klimawandel geachtet. Aber ich glaube nicht, dass das eintreffen wird.
Finn: Wenn ich mir die aktuellen internationalen politischen Bewegungen angucke, sehe ich es nicht so optimistisch, dass Klimaschutz effizient und dringlichst umgesetzt wird. Aber abgesehen davon glaube ich tatsächlich, dass wir heute schon sehr eindeutig sehen können, was der Klimawandel anrichten kann, was Naturkatastrophen und Ressourcenknappheit angeht – nur, das ist das Tragische und Ironische daran: nicht bei uns in den Verursacherländern. Wir hochindustrialisierten Länder sind die Hauptgründe für den Klimawandel in dem Ausmaß, in dem er aktuell existiert. Wir sind durch die massive Ressourcenknappheit nur nicht so krass eingeschränkt und bekommen das nicht mit, außer dass Sachen ein bisschen teurer werden, während man in armen Ländern bereits heute viel stärkere Einschnitte in die Leben sehen kann.
Leben mit KI
Siiri: Ich glaube, dass die Künstliche Intelligenz noch ordentlich weiterentwickelt wird und dass sie nicht mehr nur für eine Hausarbeit genutzt wird, sondern auch für viele andere Dinge, dass vielleicht sogar Berufe dadurch ersetzt werden – vor allem kreative Berufe, der Kunstbereich, vielleicht auch Autoren oder das Marketing und PR.
Ida: Ich persönlich benutze durchaus KI, auch für die Uni. Ich glaube, dass es eine Bedrohung sein könnte – für Künstler, Schriftsteller oder Journalisten vielleicht. Aber in Krankenhäusern und allgemein in der Medizin könnte es eine Chance sein, dass man schneller und effektiver arbeiten kann – etwa um Krebs zu entdecken. In der Forschung allgemein und in der medizinischen Entwicklung würde ich es als Chance sehen.
Finn: Im Endeffekt können wir mit KI etwas erschaffen, das intelligenter ist als wir. Dann ist die Frage: Wo hört das Ganze auf? Gibt es dann überhaupt noch Jobs, die ausschließlich von Menschen gemacht werden oder gemacht werden müssen? Wenn wir einer KI ermöglichen, sich selbst zu optimieren mit neuronalen Netzwerken, die menschliche Gehirnströme imitieren können, könnte sich KI immer weiterentwickeln und theoretisch bis ins Unermessliche optimieren. Zu dem Zeitpunkt stellt sich die Frage: Was war der Ursprungsgedanke? Weshalb wurde diese KI gestartet und wie ist sie Menschen gegenüber eingestellt? Davon ist stark abhängig, inwiefern sie uns beeinflusst. Ich glaube, im Großen und Ganzen wäre eine solch starke weiterentwickelte KI für uns in jeglicher Hinsicht schlecht – während wir mit der Nutzung von schwachen spezifizierten KIs unser Leben vereinfachen können und viele Arbeitsabläufe effizienter und einfach besser optimiert ablaufen lassen könnten.
Gesellschaftliche Spaltung
Ida: Ich habe allgemein das Gefühl, es gibt eine Verrohung in der Politik und dass weniger Respekt da ist. Zum Beispiel wird es häufiger, dass Politiker oder vor allem vielleicht Politikerinnen Hassnachrichten oder Todesdrohungen kriegen. Das sehe ich für die Politik an sich schlecht und auch für die Demokratie, weil man die demokratischen Institutionen nicht mehr so respektiert.
Finn: Ich glaube, es wird sich über die nächsten Jahre weiter zuspitzen, weil das auch eine Folge der international angespannten Bedingungen ist, unter anderem durch den Klimawandel und dadurch die Migrationsbewegung. Auf der anderen Seite glaube ich aber, dass das irgendwann wieder umschwenken wird. Im Endeffekt gibt es immer wieder diese politischen Bewegungen. Jetzt hat man über Jahre immer häufiger gesehen, dass rechte Bewegungen aufflammen und wieder verstummen und dann wieder linker gewählt wird oder generell wieder ein linkeres Weltbild in der Gesellschaft vorherrscht. Nur, dass wir jetzt gerade an einem Extrempunkt sind, weil die Gemüter durch die Umstände sehr aufgeheizt sind und extreme Maßnahmen gefordert sind.
Globale Veränderungen
Siri: Ich denke, dass sich die Weltordnung nach sehr vielen Jahren der bipolaren Weltordnung ordentlich ändern wird. Ich hoffe natürlich, dass wir eine sehr starke EU haben in der Welt, die sich auch unabhängig von den USA behaupten kann. Aber ich glaube, dass Demokratie nicht mehr selbstverständlich sein wird, auch in Deutschland – je nachdem, wie weit man in die Zukunft schaut. Ich glaube, dass autoritäre Regime nicht unbedingt aufzuhalten sind.
Finn: Wenn man sich mal anguckt, was in China über die letzten Jahrzehnte wirtschaftstechnisch passiert ist, kann ich mir schon vorstellen, dass China deutlich an Einfluss gewinnen wird – alleine durch den Fakt, dass sie stark auf Zukunftstechnologien gesetzt haben. Ich glaube, dass China sich langfristig wirtschaftlich stark abgesichert hat, wo Deutschland komplett versagt hat und beispielsweise weiter auf Verbrennermotoren gesetzt hat.
Ida: Ich denke, dass Chinas Einfluss global wachsen wird, einmal als Handelspartner, aber auch als Investor – vor allem im globalen Süden. Ich glaube, Entwicklungen der erneuerbaren Energien, zum Beispiel Windturbinen, oder auch Chiptechnologie werden als chinesische Exportware in der Zukunft an Bedeutung gewinnen. Auch Indien wird wahrscheinlich noch wichtiger werden als Handelspartner, aber auch in der Technikindustrie.
