„My favorite thing about New York is the people, because I think they’re misunderstood. I don’t think people realize how kind New York people are“, stellte bereits Schauspieler Bill Murray fest. Auch unsere Autorin Janna ist an der ersten Station ihrer Reise durch die USA von der Offenheit und Hilfsbereitschaft der New Yorker fasziniert. Mit Justin und Robin hat sie für unsere Serie „SSP asks USA“ über ihre Erwartungen für die Zukunft des Landes gesprochen. Eine eher düstere Aussicht.
Fotos von Janna Ringena und Isabell Guntermann
Die Wolkenkratzer New Yorks waren einst die größten der Welt – New York galt immer als Stadt des Fortschrittes, als Inbegriff des westlichen Kapitalismus. Die Bürger New Yorks wählten Hillary Clinton mit rund 59 Prozent, nur 38 Prozent der Stimmen gingen an Donald Trump. In der Stadt herrscht eine Atmosphäre des stillen Protestes: Taxis und Busse werden durch Aufschriften wie „Make love not walls“ geschmückt, die lokalen Zeitungen berichten durchweg kritisch. Bürgermeister Bill de Blasio spricht sich öffentlich dafür aus, die „Grüne Revolution“ New Yorks weiter voranzutreiben, auch wenn Trump das Budget für entsprechende Maßnahmen um 25 Prozent zugunsten militärischer Aufrüstung zu kürzen gedenkt.
Offen und hilfsbereit
Die New Yorker sind sehr hilfsbereit und gesprächig, weshalb es leicht für mich war, Antworten auf meine Fragen zu erhalten. Oft sind wir mit den Menschen ins Gespräch gekommen, haben Tipps und Hilfe erhalten, wenn wir gerade etwas verloren aussahen – eine Mentalität, deren Offenheit man in Europa oft vermisst.
Wir sind jeden Tag im Schnitt 15 Kilometer durch New York gelaufen und waren trotz strahlenden Sonnenscheins bei gefühlten minus neun Grad ziemlich durchgefroren, weshalb es uns ins Macy’s, das größte Kaufhaus der Welt, verschlagen hat. In der Schuhabteilung sind wir von Justin beraten worden. Er ist 23 Jahre alt, studiert neben seiner Tätigkeit als Schuhverkäufer „Criminal Justice“ in New York und ist Soldat bei der amerikanischen Armee. Aufgewachsen ist er in der Bronx und in Puerto Rico, gewählt hat er bei der letzten Wahl nicht – beide Parteien halte er für gefährlich, wobei er die Ideale beider Parteien teilweise vertrete. Nach seiner Einschätzung werde Trump seine Amtszeit nicht überstehen. Die Situation sei dramatisch. Seit Trumps Amtseinsetzung wurden Justin und seine Kameraden dreimal vom Pentagon aufgefordert, „bereit“ zu sein. Er rechnet jeden Tag damit, ins Ausland entsandt zu werden. Außerdem berichtet er von einigen Immigranten New Yorks, die infolge eines Streiks geschlossen entlassen wurden. Justins Wunsch ist es, dass sich das Land wieder eint, dass sich die Schere schließt. Er weiß nicht, ob er in vier Jahren noch in den Staaten lebt – Costa Rica könnte er sich gut vorstellen. Dort gibt es keine Armee, keine Unsicherheit, Frieden.
„Administration is strong, but people are stronger.“
Gewohnt haben wir im „International Student Center“, einem einfachen, aber gemütlichen Hostel auf der Upper West Side. Robin arbeitet dort seit zwei Monaten. Sie ist 25 Jahre alt und hat zuvor Schauspiel und Theater in Massachusetts studiert. Ihre Erwartungen für die nächsten Jahre sind negativ. Zwar kann Trump Maßnahmen wie den Muslim Ban nicht ohne weiteres umsetzen, dennoch suggeriere er den Menschen, dass es in Ordnung sei, Minderheiten zu diskriminieren. Er sei zudem eine „Puppe“, die nicht wisse, was sie tue und sich leicht manipulieren lasse. Trotzdem hat Robin Hoffnung. Sie hat am „Women’s March“ teilgenommen und spricht von einer unglaublich ergreifenden Atmosphäre. Sie hofft, dass die Menschen zusammenfinden und gemeinsam für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit eintreten – „Administration is strong, but people are stronger.“
Kein Land der Freiheit
Einst wurden Immigranten, die über den Atlantik in den Vereinigten Staaten ankamen, von der Freiheitsstatue begrüßt. Ihre Krone zählt sieben Zacken – für jeden Kontinent einen. Ironischerweise verhängte Trump den ersten Muslim Ban über Menschen aus sieben Nationen und wird damit dieser Symbolik, dem Sinnbild der Freiheit aller Menschen, nicht gerecht.
Auch mein Urgroßonkel ist hier im Jahr 1930 als freier Mann empfangen worden. Zu seinen Nachfahren machen wir uns nun auf den Weg nach Wellsburg in Iowa.
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