Und ab geht die Schneckenpost – Von analoger Kommunikation in einer digitalen Welt

Es ist schon erstaunlich. Binnen eines Augenblicks erreichen uns heute digitale Nachrichten von den entferntesten Orten der Welt. Oft kurzgehalten. Oft beiläufig geschrieben. Mit einem knappen „Hey, wie geht’s?“ beginnt oft eine eher oberflächliche Unterhaltung. Die Nachrichten und Kommentare ähneln sich. Nicht nur inhaltlich, auch optisch. Bunte Sprechblasen auf einem tristen, eintönigen Hintergrund. Wo bleibt da die Individualität? Im wahrsten Sinne die persönliche Handschrift des Gegenübers. 

Manchmal vermisse ich die klassischen Briefe und Karten, die ich als Kind geschrieben habe. Zum Jahresende eine liebevoll bemalte und reich mit Stickern verzierte Weihnachtskarte an die Großeltern. Eine sorgsam ausgewählte Postkarte, die man den Nachbar:innen aus dem Urlaub schrieb. Lange Briefe an die beste Freundin, nachdem sie mit ihrer Familie weggezogen war. 

All diese Schreibanlässe erforderten, dass man sich wesentlich mehr Mühe gab, als es heute bei digitalen Medien erforderlich ist. Aber war nicht gerade das der Reiz daran? 
Schönes Papier, Karten, Füller und hübsche Briefmarken auszuwählen… Sich einen Text zu überlegen und ihn in der schönsten Schreibschrift niederzuschreiben? 
All das fällt heute in der Kommunikation weg. Man postet Bilder vom Strand. Wünscht sich per WhatsApp „Merry X-Mas“. 

Die digitalen Medien schaffen nicht nur oberflächliche Kommunikation, sie isolieren auch diejenigen, die besonders von Einsamkeit betroffen sind: ältere und kranke Menschen. 

Zum Glück gibt es Aktionen, die mittels traditioneller Schneckenpost Abhilfe schaffen wollen. 
Ab dem 03.12.2025 läuft wieder die Aktion „Post mit Herz“. Bei dieser Aktion schreibt man, je nach Saison, Weihnachts- oder Osterkarten an potenziell einsame Menschen in sozialen Einrichtungen.
Man registriert sich auf der Website und erhält nach eigenem Wunsch bis zu zehn Adressen von teilnehmenden Pflegeheimen. Die reich dekorierte Weihnachtspost wird dann an die Bewohner:innen, oft im Rahmen einer Weihnachtsfeier, verteilt. Laut Angaben des Veranstalters wurde so in den vergangenen Jahren schon über 800.000-mal „Post mit Herz“ versendet. 

Eine andere ganzjährige Möglichkeit, Menschen eine Freude zu machen, bietet die Aktion „Post Pals“. Bei dieser britischen Aktion schickt man schwer kranken Kindern Briefe und Karten oder auch kleine Geschenke. Während man bei „Post mit Herz“ nur an die Einrichtung adressiert, gibt es bei „Post Pals“ die Möglichkeit, durch Steckbriefe etwas über die Interessen der Kinder zu erfahren. Den Brief sendet man an eine Einrichtung, damit die Anonymität der Kinder gewahrt bleibt. Für viele Kinder ist ein netter Brief ein Moment des Glücks in einer schweren Zeit.
Es ist so einfach, einem einsamen oder kranken Menschen den Tag zu verschönern. 

Wer auch mal Post bekommen möchte, dem sei Postcrossing empfohlen. Postcrossing ist eine Online-Community von Menschen, die gerne analoge Postkarten schreiben. Man registriert sich und füllt, wenn man möchte, ein Profil aus. Dann kann es auch schon losgehen. Man bekommt die Adresse eines Community-Mitglieds, dem man eine Postkarte schreibt. Auf die Postkarte schreibt man ebenfalls eine Identifikationsnummer. Sobald der/die Adressat:in die Postkarte erhält, registriert er/sie sie im Postcrossing-System und erhält die Möglichkeit, eine Dankesnachricht zu schreiben. Sobald die Karte registriert wurde, erhält ein anderer Nutzer die Adresse des/der Absender:in, sodass diese:r nun auch Post bekommt. 
Postcrossing hat über 800.000 Mitglieder und existiert in 209 Ländern und Territorien. So lernt man die unterschiedlichsten Leute aus aller Welt kennen. Sie schreiben über ihre Hobbys, ihre Kultur, ihre Stadt und lokale Traditionen. Man lernt auf diese Weise viele Dinge, die man wahrscheinlich nie recherchiert hätte. Man tauscht Leseempfehlungen und Lieblingsrezepte aus. 
Die Postkarten sind oft liebevoll gestaltet. Mit Washi-Tape, Stickern und wunderschönen Briefmarken. 

Das Warten auf Antwort, bzw. die nächste Karte ist genauso spannend, wie der Moment, wenn man eine Handvoll Postkarten aus aller Welt aus dem Briefkasten holt.
Das ist etwas, was dem Digitalen gänzlich fehlt. 

Und doch sollte man die digitale Kommunikation nicht ganz verteufeln. 
Denn eine Internetseite wie Postcrossing macht es möglich, dass sich die Freund:innen der analogen Postkarte finden. Und durch Charity-Aktionen wie „Post mit Herz“ oder „Post Pals“ können auch einsame und kranke Menschen daran teilhaben. 
Und so greife auch ich immer wieder gerne zu Federkiel und Tintenfass und sende ein wenig Freude in die Welt hinaus.

Für weitere Infos: