ich schreibe darüber, wie es ist, im 21. jahrhundert anfang zwanzig zu sein. wie es ist, sich zwischen krisen, tiktoks und kriegsausbrüchen eine zukunft vorzustellen. wir können alles sein, queer, polyamor, monogam, aber was wollen wir eigentlich? wir können so viel swipen, wie wir wollen, so viele menschen sind nur einen klick von unserem leben entfernt, haben tausend optionen. wir studieren, wir beschäftigen uns mit der welt, wir reisen viel, aber wie fühlen wir uns eigentlich dabei? darum geht es hier.
und irgendwie war es wieder sonniger und die stadt wirkte als wäre sie nur für den sommer gemacht worden. es war, als gäbe es nichts außer das jetzt, die vergangenheit war längst vorbei, die zukunft noch so weit weg. gerade konnten wir uns teure kaffees leisten und mit leichtigkeit über schwere gefühle reden, unser liebesleben, die welt. wir saßen im sommerregen auf unserem kleinen balkon und diskutierten über den sinn des lebens, während die welt unterging. manchmal schrien wir uns nachts zu toller musik die seele aus dem leib. wir tanzten dann als gäbe es nichts als das jetzt, luft und musik wurden eins, wir konsumierten unsere jugend. an anderen tagen warteten wir ewig an bahnhöfen auf den nächsten zug in andere städte, die zeit verflog mit den buchblättern, die der warme wind verwehte. wenn die abende spät wurden, saßen wir unter dem dunklen nachthimmel neben bestickerten hauswänden und murmelten gefühle in kleine limoflaschen. es war nie meine aufgabe meine männlichen freunde über sexismus aufzuklären, aber an diesen abenden machte ich es trotzdem. und als mir eine fremde im vobeigehen ins ohr flüsterte „du machst das toll“ fühlte ich mich nicht mehr alleine und alles wirkte möglich.
es gab auch im sommer tage, an denen plötzlich alles zu schwer zu tragen wurde. ich floh dann aus der welt in meine vier wände und legte mich flach auf den rücken, jede kraft verließ meinen körper, ich war ausgelaugt. tränen liefen in zuckenden schüben über meine knie, und alles war viel, aber ich wusste, es würde okay sein. ich wusste, dass ich mich halten konnte, dass ich giftige gefühle in verschlungene sätze verwandeln konnte, dass tränen und schwarze tinte mich zusammenhalten konnten, noch bevor alles zerbrechen würde.
an einem abend im juni traf ich einen schönen fremden, den ich im internet kennengelernt hatte. wir saßen uns gegenüber und es war so einfach ihm in die augen zu sehen, wenn er sprach. wenn er von fremden orten, geliebten menschen und verstaubten geschichten erzählte. die zeit flog vor uns her als wir in der dämmerung durch große gärten spazierten, es gab uns und die welt, uns in der welt und die welt in uns und das war ein berauschendes gefühl, es war beängstigend, aufregend und ein bisschen gefährlich, so fragil wie die welt selbst. wir können hoffen, dass wir lange leben und währenddessen gutes tun. wir können den zustand der welt vergessen und uns in sommerromanzen verstecken. aber eigentlich funktioniert alles auf der welt auf die gleiche art und weise. wir haben angst vor der liebe, wir sehnen uns danach und am ende entscheidet die hoffnung auf schönes, auf leben und liebe, dass wir alle risiken vergessen und dem leben vertrauen möchten. wir haben angst vor der welt, wir sehnen uns danach und am ende entscheidet die hoffnung auf schönes, auf leben und liebe, dass wir alle risiken vergessen und für die welt kämpfen wollen.
das war das gefühl, was ich in diesem sommer hatte und ich wusste nicht, ob es anfang oder ende von irgendetwas war. wir waren einfach da, es war sommer. das jetzt waren wir.