Im Juni waren alle Studierenden aufgerufen, ihr Parlament, das StuPa, neu zu wählen. CampusGrün konnte Stimmengewinne verzeichnen, die Koalitionspartner Juso-HSG und Die LISTE erzielten stabile Ergebnisse. Bei den Koalitionsgesprächen wurde schnell klar, dass im AStA die Koalition der drei Listen fortgesetzt werden würde. Im Vorsitz sitzen seit August Anna Holeck (AHO) für die Juso-HSG und Nikolaus Ehbrecht (NE) für CampusGrün, die beide vorher im Finanzreferat tätig waren.
SSP: Was sind die großen Projekte, die ihr im kommenden Jahr anpacken wollt?
AHO: Mir ist wichtig, dass ein Nachnutzungskonzept für die Druckerei feststeht. Die Druckerei wird erst in der kommenden Legislatur geschlossen, das Konzept Räumlichkeiten und Personal soll aber fertig sein. In Zusammenarbeit mit der Studierendenschaft wird ein Arbeitskreis die Möglichkeiten evaluieren.
NE: Dadurch wird mehr Durchgangsverkehr im AStA und ein engerer Kontakt zu den Studierenden entstehen. Daneben steht das Festival Contre Le Racisme, auch CoRaci, ganz oben auf der Agenda. Das ist ein Festival mit Musik, Auftritten, Workshops etc. und wird eine coole Sache für alle Studierenden.
SSP: Das CoRaci war bereits letztes Jahr angedacht, wurde aber nicht umgesetzt. Habt ihr euch mit dem Projekt übernommen und was wollt ihr machen, um sicherzustellen, dass es diesmal klappt?
AHO: Es war sehr ärgerlich, dass es letztes Jahr nicht geklappt hat. Es war bereits alles fertig geplant, allerdings sind uns die Headliner abgesprungen, da die Finanzierungszusage aus dem StuPa zu spät kam. Wir haben uns dafür entschieden, es nicht halbherzig stattfinden zu lassen, sondern im darauffolgenden Jahr mir viel Vorlaufzeit etwas richtig Gutes auf die Beine zu stellen. Im letzten Jahr hat sich der AStA erst spät konstituiert, sodass die Zeit begrenzt war. Diesmal können wir deutlich früher mit der Arbeit anfangen und auf den Planungen des letzten Jahres aufbauen.
NE: Wir hätten das CoRaci letztes Jahr auf die Beine stellen können, wollten die Entscheidungen dafür aber nicht in den zuständigen Gremien durchdrücken. Sonst wäre ein tolles Projekt und viel Arbeit von schlechter Stimmung überschattet gewesen. Der AStA hätte sich damit viel Angriffsfläche geschaffen.
SSP: Es gibt viele kulturelle Projekte und Veranstaltungen in Münster, das B-Side-Festival beispielsweise ist ähnlich ausgerichtet. Warum seht ihr konkret den Bedarf von Seiten des AStA eine weitere aufwendige Veranstaltung auszurichten und was versprecht ihr euch davon?
AHO: Die anderen Veranstaltungen kommen nicht von uns. Wir richten uns direkt an die Studierenden und stellen uns gemeinsam gegen den Rechtsruck. Es ist kein Geheimnis, dass wir immer weiter nach rechts rücken. Das Thema ist bekanntermaßen aktuell, wird nicht weniger aktuell und es gilt, sich dagegenzustellen. Das CoRaci gibt es bereits in anderen Städten, wo es als Filmfestival, als Musikfestival oder kulinarische Woche stattfindet. Wir finden es schade, dass es dieses Angebot in Münster momentan nicht gibt, da es für die Studierenden und die Stadt tolle Möglichkeiten bietet. Außerdem positioniert sich der AStA damit klar antirassistisch.
„Wir stellen uns gemeinsam mit den Studierenden gegen den Rechtsruck.“
NE: Natürlich wollen wir immer Studierende für Engagement begeistern. Durch Präsenz nach außen wie beim CoRaci, dem Hörsaalslam oder dem Wohraumprotestcamp zeigen wir, was durch studentisches Engagement möglich ist und dass der AStA für die Studierenden da ist.
SSP: ES gibt neben dem Vorsitz viele weitere Referate im AStA. Was sind dort die großen Projekte?
NE: Die Referatsstruktur wurde umstrukturiert. Das Öffentlichkeitsreferat hat nun den Zusatz Digitales und kümmert sich darum, unsere Serviceangebote zu digitalisieren. Auch Arbeitsabläufe innerhalb des AStA – wir sind rechtlich eine Behörde und haben dementsprechend viel Papierkram – sollen evaluiert und überarbeitet werden. Das Sozialreferat kümmert sich seit der Umstrukturierung auch explizit um Wohnraum. Momentan fallen viele Wohnheimplätze weg, sodass sich die angespannte Wohnraumsituation weiter verschärfen wird. Wir arbeiten aktiv an einer Verbesserung dieser Situation, indem Gespräche mit Stadt, Land und Bund sowie dem Studierendenwerk und anderen Beteiligten geführt werden. Momentan laufen Gespräche, ob und wie das ehemalige Finanzamt, welches schon als Flüchtlingsunterkunft diente, als Wohnheim genutzt werden könnte. Die zuständige Behörde weigert sich allerdings trotz Empfehlung der Stadt, das Gebäude freizugeben. Wir kümmern uns um studentische Belange, halten aber immer den Kontakt zur Stadt, da Wohnraum schließlich die Gesamtbevölkerung betrifft. Wir möchten keinen Konflikt zwischen den verschiedenen Parteien forcieren.
Wohnraum, Digitalisierung des Uni und des AStA, das CoRaci, nachhaltige Mensen, der Ausbau des Kultursemestertickets – das sind große Projekte diese Legislatur.
AHO: Bei der Klausurtagung nächsten Monat arbeiten wir explizit mit dem Koalitionsvertrag. Die Referate priorisieren Projekte und stellen Zeitpläne auf. Das Referat Nachhaltigkeit entwickelt mit dem Studierendenwerk Konzepte für nachhaltigere Mensen. Daneben wird an dem Aufbau eines Lastenradverleihs gearbeitet. Die öko-fairen Kisten sollen bekannter werden und die Vortragsreihe „Zero Waste“ erneut stattfinden. Beim Referat Diversity und Kultur steht das CoRaci dick im Kalender. Weiterhin wird das Kultursemesterticket ausgebaut. In der letzten Legislatur sind Sportangebote wie die WWU Baskets und Preußen Münster dazugekommen, jetzt sollen kulinarische Angebote aufgenommen werden. Das Referat Hochschulpolitik und politische Bildung arbeitet zu den Themen Antirassismus, Antisexismus und Burschenschaften. Dazu kommt die Vernetzung mit anderen ASten, besonders mit Hinblick auf das geplante Hochschulgesetz.
NE: Neben diesen konkreten Projekten fällt immer viel Verwaltung an. Studierende wenden sich mit Fragen an uns, das Finanzreferat arbeitet am neuen Haushalt und kümmert sich um finanziellen Fragen der Studierendenschaft, die Barrierefreiheit soll verbessert werden. Hier wird eine interaktive Karte entstehen, auf der die Barrierefreiheit der Gebäude vermerkt werden kann, und auch die Uni wird sich diesem Thema verstärkt widmen.
SSP: Neben den bereits erwähnten politischen Referaten gibt es die autonomen Referate. Diese vertreten benachteiligte Statusgruppen. Es werden immer wieder Stimmen laut, die die Legitimation und Arbeitsweise dieser Referate kritisieren, schließlich gibt es keine Kontrollmechanismen. Wollt ihr etwas verändern?
AHO: Die autonomen Referate sind nicht umsonst autonom. Die Forderung der Opposition, eine Rechenschaftsplicht vor dem StuPa einzuführen, wird mit uns nicht kommen. (Anm. d. Red.: Würde dies umgesetzt, müssten die Referentinnen und Referenten der autonomen Referate in bestimmten Zeitabständen dem StuPa berichten, welche Arbeit geleistet wurde.) Das ist eine politische Entscheidung: Es gibt strukturell benachteiligte Gruppen, denen man Geld und eine Vertretung gibt, damit es für sie Ansprechpartner und eine Stimme an der Uni gibt. Da wir und auch das StuPa nicht zu diesen Gruppen gehören, können wir nicht über deren Arbeit entscheiden. Einzig und allein vor der Statusgruppe müssen sich die Referentinnen und Referenten verantworten. Daher können wir als AStA auch nicht direkt eingreifen. Wenn etwas allerdings gar nicht läuft, gibt es Unterstützungsmechanismen.
NE: Es ist ein heikles Thema. Die Statusgruppen sind schützenswert und Nicht-Zugehörige dürfen zurecht nicht eingreifen. Kommen allerdings Beschwerden aus der Statusgruppe, können wir unterstützen. Wir nutzen unsere Reichweite, um legitimierte Vollversammlungen einzuberufen, damit sich diese Strukturen vernünftig aufbauen können.
SSP: In Münster liegt die Wahlbeteiligung bei der StuPa-Wahl bei fast 20 Prozent. Im deutschlandweiten Vergleich ist das sehr viel, allerdings kommt immer wieder die Frage nach der demokratischen Legitimation auf. Wie wollt ihr eure Arbeit den Studierenden näherbringen und wo sind auch die Probleme, wenn Studierende sagen, die hochschulpolitische Arbeit gehe an ihrer Lebensrealität vorbei?
„Ich möchte mir nicht ausmalen, wie die Uni aussähe, wenn es den AStA nicht gäbe.“
AHO: Zählen die fast 10.000 (Anm. d. Red.: 2018 haben 8495 Studierende ihre Stimme bei der StuPa-Wahl abgegeben) abgegebenen Stimmen der Studierenden, die gewählt haben, nichts mehr, bloß weil andere entschlossen haben, nicht zu wählen? Jedes große Unternehmen hat einen Betriebsrat, der die Interessen der Angestellten vertritt. An einer Uni mit über 46.000 Studierenden muss es ebenso eine starke Interessenvertretung geben. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie die Uni aussähe, wenn es diese Vertretung nicht gäbe.
NE: Unsere Wahlbeteiligung ist vergleichsweise hoch und alle Listen haben intensiven Wahlkampf betrieben. Niemand kann erzählen, er hätte nicht von der StuPa-Wahl gewusst oder wäre nicht informiert worden. Das Öffentlichkeitsreferat arbeitet an der Informationsverbreitung, um die Strukturen, Aufgaben und Funktionen hochschulpolitischer Gremien verständlich zu erklären. Den Vorwurf der mangelnden Legitimation kann ich daher nur bedingt nachvollziehen: Entscheiden sich die Leute aktiv nicht zu wählen, da sie Hochschulpolitik als für sich nicht relevant empfinden, ist das ihre Sache. Auch hier arbeiten wir natürlich auf verbesserte Information hin. Dadurch die gesamte hochschulpolitische Arbeit als nicht-legitimiert zu bezeichnen, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist auch keine Systemfrage; es gibt für jeden die Möglichkeit seine Meinung kundzutun und unterschiedliche Listen, die fundamental verschiedene Standpunkte vertreten. Vielleicht nicht bei der Frage danach, ob es mehr Fahrradpumpen geben sollte – wir wollen schließlich alle die Uni zu einem studierendenfreundlicheren Ort machen –, aber bei grundsätzlicheren Fragen gibt es genug Knatschpunkte. (Anm. d. Red. Wer die Positionen der Listen vergleichen möchte, kann dazu den StuPa-Mat nutzen. Hier erläutern alle Listen ihre Position zu 28 verschiedenen Thesen.)
„Es ist schlicht falsch, den AStA als „links-grün versifften, lebensfremden Haufen“ zu bezeichnen.“
Beim Vorwurf des mangelnden Bezugs zur Lebensrealität kursieren viele hartnäckige Gerüchte. Ich will nicht bestreiten, dass manchmal Fragen diskutiert werden, die nicht jeden direkt betreffen oder die mancher für Schwachsinn hält. Aufgabe einer politischen Vertretung aber auch, eine progressive Diskussion zu führen, die gesellschaftlich noch nicht präsent ist und keinen Raum findet. Da unsere Hauptarbeit aber in direkt studierendenbezogene Angebote fließt, ist es schlicht falsch, den AStA als „links-grün versifften, lebensfremden Haufen“ zu bezeichnen.
SSP: Die LHG war die zweitstärkste Liste bei der Wahl 2018 und hat in den vergangenen Jahren viele Stimmen gewinnen können. Anscheinend trifft die LHG einen wunden Punkt bei den Studierenden. Wurde überlegt Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, um diesen Entwicklungen politisch gerecht zu werden?
„Warum hätten wir eine gut funktionierende Koalition aufgeben sollen?“
NE: Ich kann es gar nicht mehr sagen, ob wir das überhaupt überlegt haben. Wir waren zu diesem Zeitpunkt in einer sehr gut funktionierenden Koalition. Warum hätten wir diese aufgeben sollen? Da wir wussten, wir können in diese Konstellation gut zusammenarbeiten, gab es keinen Grund, sich nach anderen Optionen umzuschauen.
SSP: Nochmal konkreter: Die LHG hat in den letzten Jahren einen enormen Stimmenzuwachs zu verzeichnen, sie scheint einen Zeitgeist zu treffen. Wurden diese Entwicklungen, die ein Stimmungsbild der Studierendenschaft darstellen, explizit ausgeblendet?
NE: Die LHG hat mit der anderen großen Oppositionsliste, dem RCDS, getauscht. Während der RCDS beim Wahlprogramm 2018 kaum durch gute inhaltliche Arbeit aufgefallen ist, sondern vor allem gepöbelt hat, muss man der LHG zugestehen, dass viel konstruktive inhaltliche Arbeit geleistet wurde. Im Wahlkampf waren sie sehr präsent und haben Humor bewiesen. Inhaltlich ist es allerdings eine Arbeit, die wir nicht teilen. Man möchte natürlich möglichst viele Studierende vertreten, allerdings sitzen alle Referentinnen und Referenten hier auch als Teil ihrer Liste und vertreten zuallererst deren Wählerinnen und Wähler. Es wäre schön, wenn sich alle zusammen in ein Boot setzen, aber dort, wo es fundamentale Gegensätze gibt, kann man nicht mehr konstruktiv arbeiten.
AHO: Es gibt auch nicht in jedem Land eine Große Koalition. Für eine gute Zusammenarbeit ist es wichtiger, inhaltlich ähnliche Positionen zu vertreten, als die größte Stimmenzahl auf sich zu vereinen.
SSP: Dies ist der zweite AStA mit drei beteiligten Listen. Wie gestaltet sich die Arbeit? Ist es nicht ungleich schwieriger und langsamer, wenn viele Positionen unter einen Hut gebracht werden müssen?
NE: Nein. Auf die Ergebnisse unserer Arbeit hat es keinen Einfluss. Wir müssen uns anders koordinieren und es treten mehr Missverständnisse auf als bei nur zwei beteiligten Listen. Allerdings haben wir letzte Legislatur gute Erfahrungen gemacht und können jetzt auf diesen aufbauen. Im Koalitionsausschuss sitzen alle Listen zusammen und sprechen über die Koordination und gegebenenfalls auch Reibungsprunkte.
SSP: Die kleinste Liste der Koalition, Die LISTE, ist nicht im Vorsitz vertreten. Wie schafft ihr eine angemessene Vertretung, damit Die LISTE nicht nur Stimmenbeschaffer für die Mehrheit im StuPa ist?
NE: Das müssen wir nicht tun, das macht die Liste Die LISTE ganz allein. Das sind kompetente Leute, sie bringen sich aktiv ein, haben gute Idee und leisten viel Arbeit. Für den Fall des Falles gäbe es auch eine Ansprechperson, die aber bisher noch nie eingeschaltet werden musste.
AHO: Letztes Jahr war die Juso-HSG auch nicht im Vorsitz vertreten. Es gibt nur den ersten und den zweiten Vorsitz. Da es hier keine strikten Hierarchien sondern ein Miteinander gibt, ist die Zusammenarbeit unproblematisch.
SSP: Nikolaus, du bist der zweite Mann hintereinander auf dem ersten Vorsitz, auch der zweite Mann von CampusGrün. Der AStA wird von linken Listen gestellt, die gerne und viel und überall Quoten fordern und einführen. Warum gibt es keine Frau von CampusGrün im Vorsitz? Im Anschluss daran: Sind diese Forderungen in so kleinen Strukturen vielleicht einfach unrealistisch und zu hoch angesetzt und unpraktikabel in der Realität?
„Die Arbeit nicht machen zu können, war aber keine Option.“
NE: Die richtige Antwort an dieser Stelle wäre „verfehlte Frauenförderung“. Der Kritikpunkt ist legitim und wir haben uns mit der Entscheidung schwergetan. Sie wurde nicht leichtfertig, sondern erst nach der Zustimmung eines extra einberufenen Frauenplenums getroffen. Wir sehen es trotzdem als den konstruktiveren Schritt an, nicht keinen Vorsitz zu stellen. Wir bemühen uns sehr um Frauenförderung. Trotzdem blockieren wir keine konstruktive Arbeit, wenn es aufgrund der kleinen Mitgliederbasis nicht möglich ist, Ämter so zu besetzen, wie man es unter anderen Umständen vielleicht gerne getan hätte. Wir werden in Zukunft noch mehr Arbeit auf dieses Thema verwenden. Die Arbeit nicht machen zu können, war aber keine Option.
AHO: CampusGrün hat trotzdem darauf bestanden, den ersten Vorsitz zu stellen, da ihr zwei Sitze mehr im StuPa habt. Theoretisch hätte man auch tauschen können.
SSP: Führen solche Probleme dazu, dass im AStA und in den Listen die eigene Forderung nach Quotierung kritisch hinterfragt wird, wenn sich zeigt, wie schwierig in so kleinen Gremien die Umsetzung ist?
AHO: Letztes Jahr hatte die Juso-HSG dieses Problem, da der erste Vorsitz von CampusGrün ein Mann war und es aus unseren Reihen keine weibliche Kandidatin gab. Wir haben auf den Vorsitz verzichtet, weil wir keinen rein männlichen Vorsitz akzeptieren konnten. Ich glaube nicht, dass wir uns deswegen hinterfragen müssen und sagen sollten, dass Quotierung nicht funktioniert und man daher Prinzipien aufgibt.
„Eine männliche Doppelspitze geht auf keinen Fall.“
NE: Die Diskussion wird geführt, es sind sich aber alle einig, dass eine männliche Doppelspitze nicht geht und wir andere Lösungen finden müssen. Der AStA jetzt ist quotiert und das funktioniert gut.
SSP: Ich ward beide vorher im Finanzreferat, der ehemalige Vorsitz ist nun auf eurem ehemaligen Posten. Auch ansonsten sieht man viele bekannte Gesichter im AStA. Ist das nicht abschreckend für mögliche Neulinge? Sollte hochschulpolitische Arbeit nicht ein niedrigschwelliger Zugang zum politischen Engagement sein und wie wird versucht Neumitglieder anzuwerben und zu integrieren?
AHO: Neue Leute für die Hochschulpolitik zu gewinnen ist schwierig. Alle Listen arbeiten intensiv daran, da es für alle wichtig ist, eine breite Basis zu haben. Bei der Juso-HSG sind die meisten Mitglieder schon in Ausschüssen oder anderen Gremien. Ich sehe es vor allem als Chance, wenn Leute länger dabei sind. Die letzte Legislatur war aufgrund des langwierigen Konstituierungsprozesses sehr kurz, viele Referentinnen und Referenten nur ein knappes halbes Jahr im Amt. Die Einarbeitungszeit fällt diesmal weg, wir könne auf der bereits geleisteten Arbeit aufbauen, kennen uns alle schon und können direkt anfangen. Wir geben immer unser Bestes, einen niedrigschwelligen Zugang zu bieten und jedem Mitglied die Möglichkeit zu geben, sich so einzubringen, wie es möchte und kann.
NE: Wir haben in diesem AStA mehrere Mitglieder, die erst recht kurz in den Listen aktiv sind. Generell möchten wir mehr Leute dazu bringen, sich zu engagieren. Zu den wiederholten Legislaturen: Es ist nicht so, als wären alle in ihrer zehnten Legislatur. Manche sind in der zweiten, wenige in der dritten. Man kann dem AStA nicht vorwerfen, er wäre seit Jahren in Händen derselben Leute und von diesen für persönliche Prestige-Projekte gekapert worden.
AHO: Nicht jeder ist in der Lage, ein Referat im AStA zu übernehmen. Das Studium ist bei vielen Studierenden sehr durchgetaktet und die Arbeit ist zwar ein Ehrenamt, erfordert aber viel Zeit und Energie.
SSP: Zum Thema Arbeit: Wie sieht denn bei euch eine normale Woche aus?
AHO: Aktuell sind die Wochen sehr voll, weil wir ganz neu im Vorsitz sind und auch einige außerplanmäßige Sachen anstanden. Ich bin momentan sicherlich 40 Stunden im AStA, auch abends sind viele Veranstaltungen. Wir beantworten Anfragen von Studierenden, sprechen mit dem Studierendensekretariat, der Uni, dem Studierendenwerk. Wir müssen immer den Überblick über alle aktuellen Projekte und Fragen haben, da wir die ersten Ansprechpersonen für Uni und andere offizielle Stellen, aber auch die Referate sind. Wir sind die Schnittstelle, damit die Fäden an einer zentralen Stelle zusammenlaufen.
NE: Da wir neu im Amt sind, machen wir bei allen möglichen Stellen Antrittsbesuche. Beim Rektorat, beim Senat, beim Hochschulrat, beim Studierendensekretariat, bei der Rechtsaufsicht, beim Studierendenwerk, bei der Prorektorin und noch weiteren haben wir uns in den letzten Wochen vorgestellt. Als Repräsentanten der Studierenden sind wir bei vielen Arbeitskreisen, um die Schnittstelle zwischen Stadt und Studierendenschaft oder Uni und Studierendenschaft darzustellen. Daneben kümmern wir uns auch um die Personalplanung, überlegen uns also die Personalstruktur, führen Vorstellungsgespräche und stellen Leute ein.
SSP: Das Thema der Ausgabe ist Revolution. Wofür würdet ihr zum Revolutionär werden?
AHO: Soll ich mal was Provokantes sagen? Für eine 50%-Frauenquote bei der Besetzung von Professuren. Ich sehe in meinem Studium sehr selten eine weibliche Person vor mir stehen.
NE: So etwas Aufgeladenes kann ich nicht nennen. Ich habe das Gefühl, schon dauernd Revolution zu machen. Es sind die kleinen Dinge, bei denen sich die Uni zulasten der Studierenden Sachen einfacher macht. Über sowas rege ich mich auf, versuche aber Lösungen zu finden. So richtig Revolution? Da bin ich zu kompromissorientiert für.
AHO: Sag einfach Wohnraum. Finanzamt besetzen. (Gelächter.)
SSP: Danke für eure Zeit und Gesprächsbereitschaft und wünschen noch eine erfolgreiche Legislatur.
Interview geführt von Carla Reemtsma.