Ilham und Mohammad Ali sind Schneider. Sie leben in Damaskus, Syrien. 2015 lässt das Pärchen sein bisheriges Leben zurück, um nach Deutschland zu fliehen. Ein Jahr später beschließen die Studenten Pia Brillen und Michael Kortenbrede, mit Mode, die westliche und arabische Stile vereint, ein Zeichen für Offenheit und Toleranz und gegen eine ansteigende offenkundige Ausländerfeindlichkeit zu setzen. Sie suchen nach Geflüchteten, die Interesse haben, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Hier treffen die beiden Geschichten aufeinander und das Projekt “Bayti Hier”, zu deutsch etwa “Mein Zuhause hier”, beginnt. Seit März 2017 verkauft Bayti Hier Oberteile, Turnbeutel und andere Accessoires, deren Träger zu Botschaftern der Integration werden sollen. Wir haben uns mit dem Bayti Hier Team über dieses Projekt unterhalten.
SSP: Wie kamt ihr auf die Idee, mit der Gründung eines Start-Ups zur Integration von Geflüchteten beizutragen? Der erste Gedanke ist doch eher, in Flüchtlingsunterkünften zu helfen oder zu versuchen, Deutschkurse zu geben.
Michael: Ich habe mir überlegt, wo ich mich und meine Fähigkeiten am besten einbringen kann. Ich studiere BWL und fand es spannender, mit Geflüchteten ein eigenes Projekt zu starten und ihnen so zu helfen, in ihre ehemaligen Berufe zurück zu kommen. Wir sollten Menschen nicht nur in Arbeitsverhältnisse integrieren, sondern auch versuchen, sie dahin zu bringen, wo sie hinmöchten. Jeder will schließlich gerne dort eingesetzt werden, wo er oder sie seine Stärken hat.
SSP: Wie war eure erste Begegnung mit Ilham und Mohammad Ali?
Pia: Es war erstmal schwierig, sich zu verständigen. Die beiden haben kein Englisch gesprochen und wir kein Arabisch. Wir mussten uns über eine Dolmetscherin und mit Händen und Füßen verständigen. Trotzdem war schon der erste Kontakt herzlich und gar nicht fremd.
Michael: Wir waren auch aufgeregt. Ich habe vorher noch nie persönlichen Kontakt mit Geflüchteten gehabt. Deshalb war die erste Begegnung schon spannend. Man kann Ilham und Mohammad Ali aber einfach nur mögen.
SSP: Ihr verkauft hauptsächlich sportliche Basic-Teile. Wie kommt das?
Michael: Wir möchten Botschafter für eine offene, tolerante Gesellschaft auf die Straße schicken. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, müssen wir viele Geschmäcker treffen. Wenn du zu ausgefallen wirst, erreichst du bloß bestimmte Szenen. Deshalb haben wir uns für Basics aus hochwertigen Stoffen entschieden, die sich lange halten und nicht nach dreimal Waschen weggeworfen werden müssen.
SSP: Warum habt ihr Bayti Hier hier gegründet? Ihr studiert ja nicht in Münster.
Michael: Wir kommen aus Münster, sind aber fürs Studium in andere Städte gegangen. Münster ist schon unglaublich tolerant und es ist spannend zu sehen, dass Bestellungen häufig aus Regionen kommen, wo es viel Hass gibt und dazu dann auch eine Gegenbewegung, die sich für Offenheit und Toleranz einsetzt. Es gab Bestellungen aus den neuen Bundesländern oder auch aus München, wo man ja oft eher direkt an eine ablehnende politische Haltung denkt. Dann haben wir nach den Wahlen in Österreich schon öfters nach Wien verkauft und nach der Trump-Wahl sogar in die USA. Durch unsere Sachen kann man auf der Straße ein Zeichen für Toleranz setzen. In Münster habe ich manchmal das Gefühl, hier braucht man das gar nicht mehr.
SSP: Könnt ihr euch vorstellen, dass eure Idee auch andere motiviert, Geflüchtete mit dem gleichen oder einem ähnlichem Projekt bei ihrer Integration zu unterstützen?
Michael: Was wir hier machen ist ja schon ein bisschen ein Mentoring-Programm. Das Projekt ist so aufgebaut, dass Ilham und Mohammad Ali ihr eigenes Unternehmen haben und führen können sobald ihre Deutschkenntnissen so weit sind. Gerade können das wegen der Sprachbarrieren einfach noch nicht und wir führen sie nach und nach dahin. Zwar sind im Moment meistens unsere Gesichter zu sehen, aber nur, weil wir bisher alles konzipiert haben und die Pitches halten. Wir haben außerdem schon das notwendige Netzwerk zum Ausbau des Projekts; allein schon weil wir aus dieser Stadt kommen. Diese Vorteile könnten viele Leute nutzen, um zusammen mit Geflüchteten etwas aufzubauen.
SSP: Warum passt die Idee hinter eurem Projekt besonders gut in die Weihnachtszeit?
Michael: Weihnachten, das bedeutet doch Liebe, Friede und Familie und Freunde. Und das ist all das, wofür wir stehen. Wir wollen, dass alle offen und tolerant miteinander leben. Gerade jetzt, wo die Weihnachtsmärkte aufgrund des Vorfalls im letzten Jahr verschanzt sind. Das sind doch eigentlich tolle Orte für das Thema Integration. Aber alle verschanzen sich. Und wir zeigen mit unserem Projekt, dass man sich nicht abgrenzen braucht.
SSP: Habt ihr denn das Gefühl, schon viel mit „Bayti Hier“ erreicht zu haben?
Michael: Ich kann gerade nicht exakt sagen, wie viele Produkte wir schon verkauft haben. Aber für mich persönlich hat es auf jeden Fall viel gebracht.
Henrike: Und für Mohammad Ali und Ilham haben wir auch schon wahnsinnig viel geschafft und einen großen Unterschied gemacht. Auch wenn es bis jetzt nur für die Beiden war, glaube ich, dass wir auch viele inspiriert haben. Wir haben wahrscheinlich schon mehr erreicht, als wir wissen.
Ihr wollt mehr über Bayti Hier’s Gründungsgeschichte und anstehende Projekte erfahren? Die hier abgebildeten Fragen waren Teil eines Interviews, das wir mit Bayti Hier für die kommende Ausgabe des Semsterspiegels geführt haben, die Mitte Januar erscheinen wird. Die Ausgabe werdet ihr in den cit Campus-Towern in den Unigebäuden und Mensen finden, sowie online hier auf unserer Seite.
Auch ein Besuch der Social Media Kanäle und des Online-Shops von Bayti Hier lohnt sich!
+++ Gewinnspiel +++
Zum zweiten Advent haben wir in Kooperation mit Bayti Hier ein Gewinnspiel für euch vorbereitet. Auf unserer Facebook-Seite verlosen wir einen Gutschein im Wert von 25€ für Bayti Hiers Online Shop unter all denjenigen, die die Facebook-Seite des Semesterspiegels und Bayti Hiers sowie den Post zu diesem Artikel liken und uns verraten, wieso sie sich riesig über den Gutschein freuen würden*.
*Das Gewinnspiel steht in keiner Verbindung zu Facebook und wird in keiner Weise von Facebook unterstützt, gesponsert oder organisiert. Das Gewinnspiel läuft von Sonntag, 10.12.2017, 14.00 Uhr (MEZ) bis Mittwoch, den 13.12.2017, 23.59 (MEZ). Der Gewinner wird am folgenden Tag ausgelost. Der Gewinner wird über einen Kommentar unter dem Post informiert. Meldet sich der oder die GewinnerIn innerhalb einer Woche nach Gewinnbenachrichtigung nicht beim Semesterspiegel, verfällt der Gewinnanspruch. Der Gewinn wird dem oder der GewinnerIn in Abstimmung mit der Redaktion des Semesterspiegels in Münster übergeben. Redakteure des Semesterspiegels sind von dem Gewinnspiel ausgeschlossen.
[…] Teil eins unseres Gesprächs: https://semesterspiegel.de/wir-haben-wahrscheinlich-schon-mehr-erreicht-als-wir-wissen/ […]