Von Velocipeden und Chopper-Bikes

Dass Fahrräder in Münster eine besonders große Rolle spielen, dürfte bei Weitem nichts Neues oder Verwunderliches mehr sein. Selbst deutschlandweit ist Münster als Fahrradhauptstadt bekannt. Auf 300.000 Einwohner kommen heute 500.000 Fahrräder, womit es beinahe doppelt so viele Fahrräder wie Einwohner in der Stadt gibt. Diese und weitere spannende Daten rund um das Fahrrad findet man aktuell im Stadtmuseum Münster in der Ausstellung “Alles auf Leeze!” – eine Hommage an die Fahrradstadt Münster.

Die Ausstellung befasst sich mit dem Thema Fahrrad aus verschiedensten Perspektiven, zum Beispiel der historischen Entwicklung der Fahrradnutzung in Münster und der Entwicklung des Fahrrads für sich. Zwar ist nicht genau bekannt, wann die ersten Fahrräder in Münster aufkamen, allerdings weisen Randbemerkungen im Amtsblatt von 1878 bereits auf das Vorhandensein von sogenannten „Velocipeden“ hin, das nur wenige Jahre nach der Vorstellung des Gefährts auf der Weltausstellung in Paris 1867. Dank der Entwicklung des Niederrads und dessen industrieller Produktion um die Jahrhundertwende herum wurde das Fahrrad erschwinglicher und förderte die Verbreitung auch in Münster. Bereits in der Mitte der 1930er Jahre besaß jeder zweiter Münsteraner ein Fahrrad. Damit war die Fahrraddichte in der Stadt doppelt so hoch wie im restlichen Deutschen Reich. Aufgrund dieses enormen Zuwachses an Verkehrsteilnehmern wurde zeitweise sogar eine Radfahrkarte eingeführt, welche die Nutzung eines Fahrrads genehmigte.

Andere Themen, welche die Ausstellung anspricht, sind das Fahrrad im Sport, als Verkehrsmittel, als Nutz- und Lastenrad, in der Freizeit und die Gründung der sogenannten Radfahrervereine. Ein besonderer Aspekt ist die Bedeutung des Fahrrads für die Emanzipation der Frauen. In der Ausstellung wird deutlich, dass Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch das neue Fortbewegungsmittel eine neue Form von Unabhängigkeit erhielten. Sie konnten längere Wege in kürzerer Zeit zurücklegen und dabei mehr und schwerere Ladung transportieren. Dennoch galt das Fahrrad lange Zeit als Männerdomäne. Besonders in den Radfahrervereinen waren Frauen lange Zeit unerwünscht. Diese wurden ab den 1880er Jahren allerorts und auch in Münster gegründet. „All Heil!“ war der damalige Gruß, welcher von überall her zu hören war. Auch über die Zukunft der Fahrradstadt wird in futuristischen Modellen und der Frage nach nachhaltigem Verkehr spekuliert.   

Ein besonderer Raum der Ausstellung befasst sich mit dem Fahrrad als Kunstobjekt. Hier findet man einige kuriose Exemplare, beispielsweise das aerodynamische Colani-Rad. Auch sonst sind verschiedene historische Fahrradmodelle vom Hochrad bis zum Chopper-Bike und viele weitere Objekte wie Schutzblechfiguren, Klingeln und vieles mehr zu bewundern.

Insgesamt bietet die Ausstellung eine 360-Grad-Darstellung der Fahrradstadt Münster von ihren Anfängen bis über den heutigen Tag hinaus. Durch die breite Spannweite an Aspekten des Fahrrads wird jede:r durch die Ausstellung angesprochen. Sie ist damit nicht nur für Technikinteressierte spannend.  Stadtmuseum in der Salzstraße für alle, die mehr über ihre Stadt und das beliebteste Verkehrsmittel Münsters erfahren wollen.

Die Ausstellung lässt sich noch bis zum 15. September besichtigen. Der Eintritt in das Stadtmuseum (Salzstraße 28, 48143 Münster) ist frei. Auch die Dauerausstellung über die Geschichte Münsters von den ersten Siedlungen bis heute ist einen Besuch wert. Weitere Informationen unter: www.stadtmuseum-muenster.de  

 

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