ich schreibe darüber, wie es ist, im 21. jahrhundert anfang zwanzig zu sein. wie es ist, sich zwischen krisen, tiktoks und kriegsausbrüchen eine zukunft vorzustellen. wir können alles sein, queer, polyamor, monogam, aber was wollen wir eigentlich? wir können so viel swipen, wie wir wollen, so viele menschen sind nur einen klick von unserem leben entfernt, haben tausend optionen. wir studieren, wir beschäftigen uns mit der welt, wir reisen viel, aber wie fühlen wir uns eigentlich dabei? darum geht es hier.
wie soll ich inneren frieden finden, wenn sich alte einkäufe und vergessene schulden auf dem schreibtisch stapeln. wie soll ich ein zuhause finden, wenn mein leben in umzugkartons gepackt im keller meiner eltern steht. wenn der rest meines lebens in anderen kartons hinter zwei landesgrenzen in einem fremden zimmer steht. wenn ich aus dem koffer lebe, gerade immer so viel ordnung schaffe, dass mein inneres chaos zumindest nach außen nicht auffällt. meine nägel sind rot lackiert, ich trag einen langen mantel und eine tasche, die zu der farbe meiner nägel passt. wie soll ich da schon im chaos versinken. wie kann ich da schon rastlos sein. warum soll ich mich da in lauten nächten einsam fühlen.
gerade fast angekommen, bin ich immer schon wieder fast weg. weil wir doch alle nur schnell leben wollen. weil wir doch alle nur tausend orte sehen, alle erfahrungen auf einmal machen wollen, weil wir doch nur einmal jung sind. wir wollen doch alle nur durch fremde städte rennen und hoffen, dass wir irgendwas finden, was uns hier hält. dass wir irgendwas finden, was uns die schwere der freiheit abnimmt. die welt da draußen ist riesig, ein weißes blatt, was ich beschreiben muss. ich selbst bin so leer, so unbeschrieben. ist mein glück in dieser zeile, in der nächsten oder erst auf der seite danach? vielleicht werde ich es nie wissen. aber gerade bricht alles so schnell und fügt sich blitzartig wieder neu zusammen.
ich bin heute hier, morgen dort und übermorgen wieder woanders. und dann bin ich hier mit dir, kurz und intensiv. wir sehen uns dreimal zwischen offenen türen, trauen uns erst ganz am ende die wahrheit zu sagen, sie wird von verschlossenen bustüren verschluckt. die tage schwimmen mir irgendwie so davon, ich treibe hinterher. stunden blättern wie vergilbte buchseiten im wind dahin. die tage beginnen mit terminen oder verschlafenen morgen. ich lebe nicht, das leben lebt mich. alles ist so strukturlos, so vage, so unverbindlich. alle konturen verschwimmen vor meinen augen, ich seh die welt verschwommen, bin selbst schon fast zerronnen. die zeilen schreiben sich von selbst, die worte rollen wie murmeln zu sätzen zusammen, so willkürlich, so glasig. morgen pack ich meine alten einkäufe, meinen neuen nagellack und meine rote tasche in einen großen koffer und bin wieder weg. alles was mich wirklich begleitet, bin ich selbst. wenn ich nur wüsste, wer dieses selbst ist.