Green Office

Nachhaltigkeit ist in aller Munde, viele Unternehmen stellen Nachhaltigkeitsbeauftragte ein. Doch wie sieht es an der Uni aus? – Eine Bestandsaufnahme.

Das Team der Green Office Initiative

Universitäten haben eine große gesellschaftliche Verantwortung die aus der Lehre und ihrer Funktion als Forschungszentren hervorgeht. Diese Hochschulen werden tagtäglich von jungen Menschen besucht, die später nicht selten verantwortungsvolle Positionen in der Gesellschaft einnehmen werden. Sie geben Impulse für gesellschaftliche Entwicklungen und üben so Einfluss auf deren Trans- formationsprozesse aus. Angesichts dieses schwerwiegenden Auftrags der Universität ist vor allem heute eine nachhaltige Ausrichtung der Forschung, Lehre und ihres Betriebs notwendig. Im Herbst 2018 wurde sich zudem auf der Hochschulrektorenkonferenz explizit für eine „Kultur der Nachhaltigkeit“ an Hochschulen ausgesprochen.

Statusbericht WWU

An der WWU gibt es eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsinitiativen. Auch das 2015 gegründete ZIN (Zentrum für interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung) engagiert sich für mehr Nachhaltigkeit in Lehre und Forschung. Doch die Kommunikation zwischen einzelnen Vertretern ist unkoordiniert und chaotisch. Es existiert keine zentrale Anlaufstelle, um alle Statusgruppen der Universität zu vernetzen. Ebenso mangelt es an einer Nachhaltigkeitsstrategie für die gesamte Universität. Was tun? Die Idee ist ein Green Office. Es könnte die Kommunikation zentralisieren und innerhalb der Organisationsstruktur der Universität wesentliche Veränderungen anstoßen, welche die Umsetzung von Nachhaltigkeitsbemühungen befördern könnten.

Green Office – Die Vision

Als Vision für die WWU stellen sich die Mitglieder der Initiative des AStAs zunächst einmal ein physisch festes Büro vor, das sich vor allem um mehr ökologische Nachhaltigkeit im Hochschulalltag bemühen soll. Das Büro soll als Arbeitsplatz und Kontaktort eine zentrale Anlaufstelle für alle Statusgruppen der WWU werden. Die Ausarbeitung und Umsetzung konkreter Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit im Hochschulalltag soll mithilfe eines jährlichen Nachhaltigkeitsberichts ermöglicht werden.

Das Problem? Es gibt kein einheitliches Green Office-Konzept. Je nach Universitätsstruktur, Unterstützung sowohl seitens der Studierendenschaft als auch des Universitätskorpuses und finanziellen Restriktionen, sind international zwar viele, aber auch verschiedene Green Office-Konzepte umgesetzt worden. Die Idee entstand an der Universität Maastricht in den Niederlanden, die bereits 2010 mit einer Plattform auftrat, welche Studierenden und Hochschulmitarbeitern beim Umsetzen von Nachhaltigkeitsprojekten und auch beim Dialog mit der Gesellschaft unterstützen sollte. Anspruch war, Nachhaltigkeit in allen Entscheidungen der Universität zu priorisieren. Seitdem verbreiten ehemalige Studierende aus Maastricht ihr Green Office Modell unter dem Sozialunternehmen Rootability weiter.

Hildesheim als Vorbild

Die Stiftung der Universität Hildesheim entwickelt sich zu einem Real-Labor. Nachhaltigkeit wird als Querschnittsthema gelebt, gelehrt und erforscht. Das Green Office fungiert hierbei als zentrale Einrichtung für Nachhaltigkeit, bei der die Partizipation aller Universitätsmitglieder im Vordergrund steht. In Lehre und Forschung äußert sich dies in Form von Nachhaltigkeitspreisen für Abschlussarbeiten, Ringvorlesungen und vermehrten Lehrveranstaltungen zum Thema. Es gibt vegane Stadtführungen, Upcycling, Tauschbörsen. Kampagnen wie ein Lauftreff, der Campusbecher, die Mitfahrbörse oder eine Handysammelstelle erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. In Planung sind ein studentischer Nachhaltigkeitsbericht und ein Beirat für nachhaltige Entwicklung.

Weitere Ideen liefern zum Beispiel das Green Office Konstanz, das sich für die Förderung eines nachhaltigen Erasmus-Semesters einsetzt oder auch die Humboldt Universität Berlin, die an einem Studium Oecologicum mit interdisziplinärem Zertifikationsprogramm mitarbeitet.


Interview mit der Green Office Initiative der WWU

SSP: Wer seid ihr?

Green Office: Wir sind eine vom AStA Nachhaltigkeitsbüro initiierte Gruppe, die sich für ein Green Office an der Uni Münster einsetzt. Wir sind alle aus unterschiedlichen Fachrichtungen und waren meist auch schon vorher in einer Hochschulgruppe zum Thema Nachhaltigkeit aktiv.

SSP: Warum macht ihr das?

Green Office: Der Klimawandel und die damit einhergehende Ressourcenknappheit stellt die Menschheit vor große Herausforderungen. Unser Leben spielt sich momentan größtenteils an der Uni ab, weswegen wir „vor der eigenen Haustür kehren“ wollen und unsere eigene Uni nachhaltig gestalten möchten. Die Verantwortung von Bildungsstätten ist dabei unübersehbar – immerhin werden dort die Führungskräfte und Entscheidungsträger:innen von morgen ausgebildet. Außerdem sind Universitäten Orte der freien Forschung, welche Lösungsansätze für die globalen Krisen der Zeit erarbeiten und aufzeigen sollen.

Wir sind davon überzeugt, dass ein Nachhaltigkeitsbüro innerhalb der Unistrukturen notwendig ist, um Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Universität berücksichtigen zu können.

SSP: Woran arbeitet Ihr gerade?

Green Office: Im großen Ganzen natürlich an der Etablierung eines Green Office an der WWU. Dafür arbeiten wir in unterschiedlichen AGs wie beispielsweise Öffentlichkeitsarbeit, Ideensammlung und Vernetzung zusammen, wobei es um die Suche nach Unterstützer:innen geht, mit denen wir dann an das Rektorat herantreten wollen. Für das Wintersemester ist außerdem eine Podiumsdiskussion geplant, bei der wir alle relevanten Stakeholder der WWU einladen wollen, um über Nachhaltigkeit und das Green Office zu debattieren.

SSP: Was genau ist das Problem an der WWU?

Green Office: Die WWU ist mit über 45.000 Studierenden und über 7.100 Mitarbeiter:innen eine der größten Universitäten in Deutschland und hat dadurch eine immense Verantwortung. Wir haben zwar schon viele Hochschulgruppen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, diese arbeiten aber meist separat voneinander. Toll ist, dass sich das ZIN gegründet hat und auch im letzten Sommersemester wieder Ringvorlesungen zu nachhaltigen Themen organisierte. Jedoch fehlt eine zentrale Stelle innerhalb der Unistrukturen, die beispielsweise die Abfallwirtschaft, den Strommix oder auch die Mensen nachhaltiger gestalten möchte.

Die Stadt Münster stellt sich als eine nachhaltige, grüne Stadt in der Öffentlichkeit dar und gewinnt dafür immer wieder Nachhaltigkeitspreise. Im Gegensatz dazu hat die Universität noch immer keine Nachhaltigkeitsstrategie.

SSP: Wo seht ihr die WWU in 10 Jahren?

Green Office: Die WWU sollte in 10 Jahren eine nachhaltige, Klimaneutrale aber auch soziale, familienfreundliche und inklusive Universität sein! Bis dahin sollte es ein Green Office und einen Nachhaltigkeitsbericht geben, welcher Handlungsbedarf und Fortschritte zeigen wird. Dabei soll das Green Office zentrale Anlaufstelle sowie Raum für Austausch sein und gleichzeitig dezentrale Aktivitäten und Öffnung nach außen unterstützen. Zudem sollte es einen Pool von fachübergreifenden Lehrveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit geben, um das Bewusstsein zu stärken. Natürlich haben wir auch Visionen von weniger hierarchischen, bürokratischen Unistrukturen und mehr gemeinsamem, unkonventionellem und zukunftsorientierten Lernen.


Die Mitglieder der Initiative „Green Office“ treffen sich wöchentlich.

Zum Mitmachen schaut einfach im Asta Nachhaltigkeitsbüro vorbei oder auf deren Facebookseite: facebook/go4wwu

Für weitere Informationen stellt die Initiative gerne ihr Konzeptpapier zur Verfügung.

Die Podiumsdiskussion zum Green Office und Nachhaltigkeit an der WWU wird im WiSe 19/20 stattfinden, ein genaues Datum ist noch nicht bekannt.

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des Semesterspiegels (#439). Weitere Inhalte findet ihr exklusiv nur im Heft (PDF).

 

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