Ist Islamismuskritik rechtspopulistisch? – Hintergrundinformationen zu Daniel Krause

In der aktuellen Ausgabe des Semesterspiegels berichte ich euch davon, “Wie aus einer Buchrezension ein Kommentar wurde”. Da im Magazin leider nicht genug Raum war, möchte ich euch an dieser Stelle mit mehr Informationen zu Daniel Krause, dem Autor des strittigen Buches, und seinen Hintergründen versorgen.

Unter Mitarbeit von MAF

Zur Person “Daniel Krause”

Daniel Krause ist Mitte 30 und hauptberuflich Lehrer in einer weiterführenden Schule. Er hat in Münster studiert, höheres Lehramt. Er schloss mit dem Magister in Kommunikationswissenschaft ab und promovierte in Soziologie mit Nebenfach Erziehungswissenschaft. Unter anderem unterrichtet er Politik, kümmert sich nach eigener Aussage aber auch um persönliche Probleme seiner Schüler. Gerade auch um die Sorgen homosexueller Schüler, denn Krause ist selbst bekennender Schwuler.

Außerdem ist er konfessionslos und Religionskritiker. Krause engagierte sich gegen die Benachteiligung und Unterdrückung der Frauen in den meisten Religionsgemeinschaften, sowie gegen die Ungleichbehandlung Homosexueller. Der radikale Islam sei gefährlich für Frauen, Lesben und Schwule, aber auch Angehörige anderer Religionen, besonders der jüdischen, und für unser politisches System. Dies ist natürlich eine sehr kritische Aussage, die Krause jedoch auch mit zahlreichen Argumenten unterfüttert.

Zweifelhaften Ruhm hat Krause vor zwei Jahren erlangt. In einem Interview mit der Citizen Times im Januar 2013, kurz vor der Veröffentlichung seines Buches, sagte er selbst dazu folgendes:

“Im Juni 2012 gab es in Köln eine Kundgebung von 1.000 Salafisten mit dem Hassprediger Pierre Vogel. Ich fuhr spontan dorthin, um gegen diesen radikalen Islamismus zu demonstrieren. Ich wusste allerdings nicht, dass auch 30 Anhänger von Pro NRW vor Ort waren. Ich hatte bis dahin nicht in Köln gelebt und kannte diese Partei auch kaum. Ihre Anhänger liehen mir spontan ein Megaphon, durch das ich die Frauenfeindlichkeit und den Schwulenhass der Islamisten anprangerte. Zwar bekannte ich mich dabei als Wähler der Grünen und sagte, dass ich keineswegs Pro Köln wählen wolle. Dennoch stellten mich linksradikale Internetseiten plötzlich in die rechte Ecke. Dadurch wurde enormer Hass gesät. Ich konnte weder auf die Straße noch zur Arbeit gehen.”

Klares Foul gegen Links?

Die Szene, die Krause hier beschreibt, kann man sich heute noch als Video im Internet ansehen. Darauf ist ein Mann zu sehen, der froh ist, Zuhörer gefunden zu haben, der nach langem Schweigen endlich rauslässt, was ihn schon lange belastet. Ein Mann, der offen sagt, dass er den Islamismus für eine große Gefahr für die Rechtsordnung hält. Er berichtet, dass “islamistische Eltern” versuchen würden, den Unterricht zu beeinflussen. Und er wird dafür von den Pro NRW-Demonstranten bejubelt. Schon vor seinem Bekanntwerden, so Krause, sei er von Salafisten und Islamisten für seine Homosexualität und seine Abwehrende Haltung gegen islamistischen Einfluss in Schulen angefeindet worden. Als Folge dieses Auftritts jedoch habe er offene Morddrohungen erhalten und sei nicht nur von Islamisten verfolgt, sondern auch von Linken geächtet worden. Zeitweise stand er sogar unter Polizeischutz, musste seinen Wohnsitz und seine Handynummer wechseln. Vom Schuldienst wurde er suspendiert, da der kommissarische Schulleiter des Dortmunder Gymnasiums eine Gefahr für die Schüler durch die ihm unterstellte rechte Gesinnung befürchtete. Krause ging gegen seine Suspendierung gerichtlich vor und bekam vor dem Oberlandesgericht in Gelsenkirchen recht: Er habe nicht gegen Beamtenrecht verstoßen, die einjährige Suspendierung sei unzulässig gewesen.

Kennt man jedoch nur dieses Video und die Reaktionen darauf, welche im Internet auf hauptsächlich Linken Foren zu finden sind, ist der Fall ganz klar: Krause behauptet zwar von sich, die Grünen zu wählen und Antispe-Aktivist (Antispeziesismus, eine vegane Bewegung gegen die Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Art) zu sein, aber er vertritt doch offensichtlich rechtes Gedankengut. Klar, es herrscht Meinungsfreiheit, aber so einem sollte man überhaupt nicht zuhören. Oder?

Umstrittenes Umfeld

Ich habe mir die Mühe gemacht, mir auch andere Seiten der Geschichte anzusehen, unter anderem sein Buch mit dem provokanten Titel: “Als Linker gegen Islamismus – Ein schwuler Lehrer zeigt Courage” (erschienen am 15. März 2013). Und ich musste zu dem Schluss kommen, dass er neben vielen provokant erscheinenden Thesen auch Argumente anführt, die zum Nachdenken anregen. In meinem Artikel im Semesterspiegel schreibe ich von einer “reflektierte[n] Betrachtung”. Wie jede Geschichte hat aber auch diese verschiedene Seiten, die diese Einschätzung in ein anderes Licht stellen. So ist Krause zum Beispiel aktiver Autor für das Magazin Citizen Times, welches in dem Verdacht steht, mit rechten Gruppierungen zu sympatisieren. Die Citizen Times ist eine Publikation der Stresemann-Stiftung, welche von sich sagt, “eine Lobby für die Freiheit” zu sein. Damit ist unter anderem gemeint, dass die Staatsbürgerschaft nur an Zuwanderer gegeben werden soll, wenn diese sich “aktiv der freiheitlichen Grundordnung verpflichten” und Kompetenzen nur nach Volksbefragungen an die EU abgegeben werden dürften. Auf der Agenda der Stiftung steht aber vor allem mehr Selbstbestimmung und Selbstverantwortung des Individuums, und somit Dezentralisierung, Volksentscheide und eine klare Eingrenzung staatlicher Aufgaben. Die Stresemann-Stiftung ist EU-kritisch und auch kritisch gegenüber Einwanderung. Auch gibt es islam-kritische Publikationen. Alles in allem eine eher rechtsliberal-konservative Organisation. Dies unterstreicht auch die Tatsache, dass der Vorstandsvorsitzende, Philipp Wolfgang Beyer, ein Rechtsanwalt aus Jena, ebenfalls im Bundesvorstand der Partei “Die Freiheit” sitzt, welche eng mit den “Republikanern” (REP) kooperiert. Beide Parteien werden, im Gegensatz zur NPD, nicht vom Verfassungsschutz beobachtet und halten sich somit im demokratischen Rahmen, gelten allerdings als rechte Parteien.

Aber zurück zu Daniel Krause. Auch der kleine Verlag (HJB), in dem er sein Buch veröffentlichte, hat einen zweifelhaften Ruf, hat vor allem damit Schlagzeilen gemacht, dass die deutsche Übersetzung eines niederländischen Buches geplant und dann doch vor der Veröffentlichung zurückgezogen wurde. Es handelte sich um “Marked for Death”, verfasst vom niederländischen Politiker Geert Wilder, der dem rechten Lager zugerechnet wird.

Krauses erste eigene Veröffentlichung in der Citizen Times ist ein offener Brief vom 7. März 2013 an Sylvia Löhrmann, grüne Schulministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes NRW, in dem er die Einführung des Islamunterrichts an Schulen kritisiert. Er geht unter anderem darauf ein, dass der Lehrplan und die Lehrerlizenzen ausschließlich von radikal islamischen Organisationen entschieden würden. Andererseits zeigt der Modellstudiengang für Islamunterricht an unserer Uni, dass es auch Gegenbeispiele gibt.

Darauf folgen einige Artikel mit provokanten Titeln wie “Judenklatschen unter deutschen Muslimen”, “Uni Münster standhaft gegen Mazyek?” oder “Blind auf dem linken Auge?”. Liest man die Artikel jedoch, muss man feststellen, dass Krause nicht wahllos Thesen in den Raum stellt. Ich kann nicht all seine Argumente unterstützen, aber einige finde ich durchaus nachvollziehbar. Wenn er über Ehrenmorde, Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen sowie offene Morddrohungen in Deutschland und das Wegsehen der deutschen Politik und Gesellschaft spricht, muss mindestens erlaubt sein, einen Moment über den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen nachzudenken.

Diese Artikel und auch das Interview im Vorfeld der Veröffentlichung seines Buches zeichnen ein klares Bild: Krause ist in seinen Ansichten provokant, er spricht Dinge aus, die in Deutschland tabuisiert werden. Er kritisiert eine Religionsgemeinschaft und vor allem deren konservativen, radikalen Anhänger. Er benutzt sogar den Ausdruck “Sala-Faschisten” und stellt Salafisten somit als extrem fremden- und verfassungsfeindlich dar. Aber er unterfüttert seine Thesen auch immer mit Argumenten und Beispielen aus seiner persönlichen Erfahrung und aus Gesprächen zum Beispiel mit Lehrern, muslimischen Homosexuellen oder Schülern. Genauso wie Frauen in der katholischen Kirche nicht Priester oder Papst werden können, genauso existiert Zwangsheirat, Schwulen- und Judenhass unter Muslimen. Die Frage ist, wie man damit umgeht, ob man pauschalisiert oder differenziert – Krause unterscheidet klar zwischen radikalem und gemäßigtem Islam. Gibt zu verstehen, dass er Muslime nicht grundsätzlich ablehnt, dass er immer Ansprechpartner für muslimische Schüler war, die aufgrund ihrer Religion Probleme in der Familie haben. Dass er letztendlich mehr linke Aufmerksamkeit für salafistische Aktivitäten will, da diese die deutsche demokratische Verfassung mindestens ebenso gefährden, wie nationalsozialistische Bewegungen. Und auch der deutsche Verfassungsschutz erkennt im Islamismus eine Gefahr. Bundesinnenminister Friedrich erklärte im letzten Verfassungsschutzbericht folgendes: (hier nachzulesen)

“Der Bericht zeigt deutlich: Deutschland steht weiter im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus. Nach wie vor ist es besonders der politische Salafismus, der die Sicherheit des Landes gefährdet. Die Zahl der Anhänger dieser national wie international wichtigsten islamistischen Bewegung ist geradezu sprunghaft von 3.800 im Jahr 2011 auf 4.500 im Jahr 2012 angestiegen“

Mein Fazit

Das HerausgeberInnengremium (HGG) hatte starke Zweifel an der Pressestatuts-Konformität meiner Rezension über “Als Linker gegen Islamismus – Ein schwuler Lehrer zeigt Courage” geäußert und mich vor die Wahl gestellt, den Artikel zurück zu ziehen, oder einen Kommentar zuzulassen, in dem sich das HGG ausdrücklich von den Inhalten distanzieren. Als Reaktion darauf schrieb ich den Kommentar, in dem ich die Ereignisse zusammen fasste und nur noch kurz auf das Buch eingehen konnte. Auch diesen Kommentar sieht das HGG als nicht vereinbar mit dem Pressestatut. Die Redaktion ist jedoch der Auffassung, dass mein Kommentar weder diskriminierend, noch rassistisch oder strafbar, und somit  ein Verstoß gegen das Pressestatut nicht gegeben ist.

Ich wollte mir schon im aktuellen Semesterspiegel kein Urteil über Rechts oder Links, über Wahrheit oder Verschleierung erlauben. Das werde ich auch weiterhin nicht tun.

Ich möchte aber zu bedenken geben, dass es in einem Land der Gleichberechtigung und der Meinungsfreiheit möglich sein muss, einen fairen Diskurs auf Augenhöhe zu führen, auch und gerade über kontroverse Themen. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Jemand, der sich gegen bestimmte Auswüchse einer Religion äußert, muss noch lange kein neuer Hitler sein. In Deutschland ist man allerdings immer noch derart sensibel gegenüber solchen Aussagen, dass sich kaum jemand traut, Meinungen wie die Krauses wirklich kritisch zu hinterfragen und auch Argumente dafür zu finden. Es wird oft nur fleißig dagegen gefeuert, statt auch mal hinzuhören und darüber nachzudenken. Aber wir können nicht gleichzeitig die Homo-Ehe fordern und die Verfolgung und Unterdrückung von Schwulen und Lesben innerhalb einer Religionsgemeinschaft – im Zeichen der Toleranz und des Multi-Kulti-Gedankens – billigen. Auch die Foren, in denen sich Krause bewegt, dass er auf einer Pro NRW-Kundgebung sprach, dass er für die Citizen Times schreibt, werden als Indizien für seine “Bosheit” gewertet und befeuern die Kritik. Ich gebe aber zu bedenken, dass sich jeder, der glaubt etwas zu sagen zu haben, Menschen sucht, die zuhören wollen. Wo kontroverse Meinungen in der Gesellschaft geächtet werden, statt offen darüber zu diskutieren, wird radikalen Bewegungen ein größerer Nährboden geboten.

Wie mein Beispiel zeigt, ist dies auch in der Uni und vor allem im Angesicht der Hochschulpolitik ein gefährliches Gewässer. Ich wollte eine Buchrezension schreiben, und habe unterschätzt, welche Sturmflut das nach sich ziehen kann. Ich hoffe, die Hintergründe dieser “Staatsaffäre” sind mit diesem Artikel noch etwas deutlicher geworden.

Mein Appell an unsere Leser ist: Macht euch bitte ein eigenes Bild. Es ist immer einfach, einer Richtung zu folgen, gerade, wenn ihre Anhänger laut schreien. Aber jede Geschichte kann aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden – und nicht immer gibt es eine wahre und eine falsche Geschichte.

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