Liebe oder Konsum: Dating als kapitalistisches System

ich schreibe darüber, wie es ist im 21. jahrhundet anfang zwanzig zu sein. wie es ist, sich zwischen krisen, tiktoks und kriegsausbrüchen eine zukunft vorzustellen. wir können alles sein, queer, polyamor, monogam, aber was wollen wir eigentlich? wir können so viel swipen, wie wir wollen, so viele menschen sind nur einen klick von unserem leben entfernt, haben tausend optionen. wir studieren, wir beschäftigen uns mit der welt, wir reisen viel, aber wie fühlen wir uns eigentlich dabei? darum geht es hier. 

Zu lange Nase. Swipe nach Links. Komischer Blick. Swipe nach Links. Hm, der ist ganz hübsch. Swipe nach rechts. Anschreiben, drei Tage lang schreiben, vielleicht treffen – oder doch ghosten?

Dating im 21. Jahrhundert: Die Welt der DatingApps. Sie erinnert weniger an Dating als an Konsum und als würde man sich aus einem Online Shop die:den perfekte:n Datingpartner:in aussuchen. Dabei wissen wir doch eigentlich, dass es keinen perfekten Menschen gibt und, dass die Auswahl einer Datingparterin: eines Datingpartners nicht dieselbe wie die Auswahl eines Objekts aus einem Online Shop ist. Aber wir versuchen es trotzdem. Warum? Es ist wohl doch die bequemste Möglichkeit eine:n Datingpartner:in zu finden, von der: dem wir nicht zwangsläufig Liebe wollen. Manchmal ist da auch nur der Wunsch nach Bestätigung, der Wunsch nach Nähe und nach Aufmerksamkeit, bestenfalls unverbindlich. Denn was ist man schon einer Person schuldig, die man fast gar nicht kennt? Manchmal hat man aber vielleicht doch die Hoffnung, dass in dem „Online-Dating-Shop“ jemand dabei ist, die:der zu einem passt, mit der:dem man eine Romanze wie in „Notting Hill“ erlebt. 

Dann ist da noch die Schnelllebigkeit und die schier unendlichen Optionen. Ein:e neue:r Datingpartner:in ist immer nur einen Swipe entfernt. Warum also mit der:dem Nächstbesten zufrieden geben? 

Letztendlich stehen wir uns mit unserem Perfektionismus selbst im Weg. DatingApps sind nicht grundsätzlich schlecht, im Gegenteil: Sie bieten uns die Möglichkeit, jemanden kennenzulernen – egal ob wir Liebe, Nähe oder einfach eine schöne Zeit suchen. In einem Zeitalter, in dem wir uns daran gewöhnt haben, Menschen online kennenzulernen, sind wir vielleicht sogar darauf angewiesen. Es bietet sich nun an, sich der Hemmschwelle jemanden anzusprechen, zu entziehen. Aber warum erwarten wir als selbst unperfekte Menschen Perfektion von anderen? Stattdessen sollten wir uns mit Respekt begegnen. DatingApps leben von ihrer Schnelllebigkeit und fördern, dass wir Perfektionismus von anderen erwarten. Aber es liegt an uns, darauf zu reagieren und unseren Umgang mit anderen Menschen auf DatingApps zu reflektieren.

Von Nadja Spittka