Weihnachten mal anderswo
Weihnachten ist eines der größten Feste, das mehr oder weniger weltweit gefeiert wird. Eigentlich Fest der Geburt Christi, wird Weihnachten heute nicht mehr nur von den 2,2 Milliarden Christ:innen gefeiert, sondern auch von vielen Menschen ohne religiöse Motivation. Bei so vielen unterschiedlichen Familien in so vielen Ländern sehen auch die Feierlichkeiten überall anders aus. Zwei Eindrücke.
Hyvää Joulua! – Weihnachten in Finnland
von Lina Probst
Ähnlich wie bei uns in Deutschland läutet auch im hohen Norden der 1. Advent die Vorweihnachtszeit ein. Rote Zipfelmützen mit Glöckchen werden hervorgeholt und sich auf den Kopf gesetzt. Warum? Als Zeichen der Abhängigkeit vom Weihnachtsmann. Seine stolzen Helferlein, die Tonttu, sind überall zu sehen und laufen gut erkennbar herum. Erst wenn Weihnachten vorbei ist, verschwinden auch die Zipfelmützen wieder. Die Aufgaben der Tonttu sind vielfältig: zum Beispiel laden sie die Nachbarn ein und trinken mit ihnen einen „Kaffee-Doktor“. Dafür fülle man eine Tasse halbvoll mit heißem Kaffee, schenke Finlandia-Vodka ein und verziere das Ganze mit Schlagsahne, Zimt und einer Prise Kardamom. Zucker kann anschließend jeder nach Geschmack hinzufügen. Die Kinder backen dazu Kekse – natürlich mit der Zipfelmütze auf dem Kopf.
Das Weihnachtsessen wird in der Familie vorbereitet, bei der am Heiligen Abend das Weihnachtsfest stattfindet.Ein wichtiger Bestandteil ist dabei der Glögi – mit Pfefferkeksen – ein nordischer Glühwein mit besonderer Rezeptur. Diese ist genau wie die anderen Rezepte, aus denen das Essen gezaubert wird, ein Familiengeheimnis, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Der Festschmaus besteht aus Weihnachtsschinken, dazu werden verschiedene Aufläufe gereicht, darunter Steckrüben-, Kartoffel-, Kohl- und Pilzauflauf. Zum Nachtisch folgt Milchreis mit Zimt und Zucker, aber aufgepasst! Darin ist eine einzige Mandel versteckt, wer sie findet, der soll das ganze folgende Jahr nur Glück haben.
Was bei den Finnen auch an Weihnachten nicht fehlen darf ist ein ausgiebiger Saunagang, der überwiegend vor der Bescherung und dem Essen vollzogen wird. Viele Familien zieht es außerdem zu einem Weihnachtsgottesdienst. Am Abend ist dann endlich die lang ersehnte Bescherung – nachdem der finnische Weihnachtsmann, der Joulupukki, alle Geschenke unter den Baum gelegt hat und wieder verschwunden ist.
Ein traditioneller Brauch ist das Verfolgen der Verkündung des Weihnachtsfriedens am 24. Dezember in Turku, die auch live im Fernsehen übertragen wird. Der Weihnachtsfrieden wird vom Bürgermeister Turkus ausgesprochen und ist eine Erinnerung daran, die Weihnachtstage friedlich zu begehen. Im Anschluss singen die zahlreichen Anwesenden gemeinsam Weihnachtslieder und zum Abschluss die finnische Nationalhymne.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten! Hyvää Joulua!
Picana und Canastones – Weihnachten in Bolivien
von Florian Faller
Weihnachten in Bolivien sieht ein bisschen anders aus, als bei uns. Der Fokus liegt weniger auf dem Materiellen und mehr auf Gefühlen: Liebe, Beisammensein und Freude sind die Dinge, die das bolivianische Weihnachten ausmachen.
Dieses Jahr haben wir uns mit der Familie schon am 2. Advent zu einem Vor-Weihnachtsessen getroffen. An Weihnachten selbst ist das Familientreffen immer total stressig, mindestens, weil man für alle Verwandten das richtige Geschenk braucht. Das diesjährige Vor-Weihnachtsessen hat uns die Möglichkeit gegeben, das Familientreffen einfach mal zu genießen.
Ich habe ein bisschen drüber nachgedacht und bemerkt, dass wir an die Weihnachtstradition meiner Großmutter anknüpfen. Meine Großmutter kommt aus Bolivien, dort sieht Weihnachten ein bisschen anders aus:
Während bei uns ab Oktober Adventskalender zu kaufen sind, feiern die Bolivianerinnen und Bolivianer die Vorweihnachtszeit nicht groß. Keine Adventskalender, kein Adventskranz, keine Weihnachtsmärkte.
Einige Überschneidungen gibt es aber doch. Es gibt, wie bei vielen Familien in Deutschland, Weihnachtsbäume und Krippen in den Wohnzimmern. Die Weihnachtsbäume sind allerdings keine echten Tannen, stattdessen gibt es Plastikbäume oder, wie in der Familie meiner Großmutter, eine Papiertanne, die jedes Jahr aufs Neue zusammengesteckt und nach dem Fest sorgfältig wieder einpackt wird. Auch die Krippen sind nicht wie bei uns. Sie werden mit viel mehr Mühe aufgebaut und sind deutlich detailreicher. Am wichtigsten ist jedoch die Tradition, das Jesuskind erst am 24. Dezember um Mitternacht in die Krippe zu legen.
Spätestens wenn dann Weihnachten gekommen ist, kommt die Vorfreude auf, die wir in Deutschland schon mit dem ersten Türchen spüren. Vor allem wenn in der Küche die traditionelle picana köchelt: Ein Eintopf, der aus gelbem Chili, Gemüse und je nachdem, wie viel man sich leisten kann, bis zu 3 Fleischsorten zubereitet wird. Auf der Arbeit werden canastones verschenkt, Körbe mit Sidra, einer Art Apfelwein, und Süßem. Ab Mittag ist frei. Spätestens dann geht das Verkehrschaos los, weil noch die letzten Geschenke und Zutaten auf dem Markt eingekauft werden müssen.
Ein wichtiger Unterschied zu unserem Weihnachten ist noch, dass in Bolivien zur Weihnachtszeit Hochsommer herrscht. Meine Großmutter erzählte mir, wie wegen der Hitze der Weihnachtsbaum Feuer gefangen hätte und, weil nichts anderes greifbar war, mit Hundefutter gelöscht werden musste. Als dann die Familie kam, mussten erstmal die ganzen Knochen- und Fleischreste beseitigt werden.
Die ganze Familie trifft sich bei den Familienoberhäuptern, das sind meist Oma oder Opa, man sitzt zusammen, plaudert ausgelassen mit der ganzen Großfamilie, es wird Musik gespielt und getanzt. Manche Familien gehen später gemeinsam in die Messe, die Misa de gallo, andere schicken ihre Kinder zu Bett. Wichtig ist nur, dass alle um spätestens 23:30 Uhr wach und im Wohnzimmer sind, wo gemeinsam die leckere Picana gegessen wird.
Nach dem Essen steht das Familienoberhaupt auf, spricht ein paar Worte und alle stoßen an: „Salut!“. Schließlich wird dann um Mitternacht das Jesuskind in seine Krippe gelegt, erst danach werden die Geschenke ausgepackt. Diese fallen auf Grund der weit verbreiteten Armut oft etwas spärlicher aus und die Kleinen bekommen meist nur je ein Geschenk. Weihnachten in Bolivien geht es aber nicht um Geschenke, es geht darum, zusammen zu sein. Vielleicht können wir uns da eine Scheibe von abschneiden, meine Familie jedenfalls hat das bei unserem Vor-Weihnachtsessen versucht.
Egal was, wo und wie Ihr an den Feiertagen macht – wir wünschen Euch eine schöne, besinnliche Zeit mit Familie, Freund:innen und Euren Liebsten!