Wenn man die Band Soeckers bei Youtube sucht, stößt man schnell auf den Song “Knabenblütenträume”, der die Single zu ihrer im Oktober erscheinenden EP „Holterdiepolter“ ist. Im Video sieht man die Jungs auf einem Trip nach Köln. Zwischen ploppenden Bierflaschen, Zigarettenrauch und der Schrottplatz-Kulisse, sieht man immer wieder Sänger Johann. Er guckt direkt in die Kamera und singt: „Ich hab’ keinen Plan von meinem Leben, keine Zukunft, aber alles wird schon irgendwie seinen Weg nehmen.“ Vielleicht ist es genau das Gefühl, was die Jungs vermitteln wollen: Fahr weg, geh mit deinen Freunden wohin du willst, küss das Mädchen, das du magst, mach, worauf du Bock hast, denk dabei auf keinen Fall an Morgen – denn du hast nichts zu verlieren. Und wenn, was schon? In einem Alltag, in dem scheinbar keiner Zeit und jeder irgendwas zu tun hat, bin ich froh, wenn ich die rumalbernden Jungs sehe, die mir sagen, dass dafür später auch noch Zeit ist. Jungs, die sagen, dass man noch Knabenblütenträume haben sollte.
Ich habe mich mit Sänger Johann in seiner WG getroffen. Er sagt: „Andere Bands sind bestimmt bessere Musiker als wir und ich muss zugeben, am Anfang hat man neben ein paar Höflichkeitsklatschern im Publikum eher das Zirpen der Grillen gehört. Aber irgendwann haben die Leute angefangen, zu tanzen. Und irgendwie werden es immer mehr, die auf unseren Gigs tanzen“.
Wir liegen auf Johanns Bett und hören die Proben für den nächsten Auftritt. Zwischen den Songs wird immer wieder geübt, mit dem Publikum zu sprechen: „Hallo, wir sind Soeckers aus Ahaus. Es ist schön, heute Abend hier sein zu dürfen!“ Kurz darauf folgt immer Gelächter im Probenraum. Sie scheinen über sich genauso gut lachen zu können wie über alles andere auch. Johann überlegt, ob so was wie ein Ganzkörperanzug nicht fesch wäre und lacht dann er los.
Dann erzählt Johann vom letzten Auftritt in Düsseldorf bei einem Studentenfest, „wo die Leute unsere Musik einfach gefeiert haben“, reibt sich dabei schnell die Hände und grinst mich an. Im Hintergrund läuft die im April veröffentlichte Liveversion von „Michelle“ und ich stelle mir tanzende Menschen vor. Danach hören wir die Lieblingslieder der Band und betrachten dabei das riesige Strokes-Poster in Johanns Zimmer, gefolgt von den über den Zebrastreifen latschenden Beatles. „Das Gute sei“, sagt er, „dass wir alle die gleiche Vorstellung haben, was wir für Musik machen wollen.“ Er nennt da jüngere Einflüsse wie Wanda oder Isolation Berlin.
Soeckers – das sind Sänger Johann, Bassist Jules, Gitarrist Nils und Drummer Lars. Und eigentlich auch Micha, der zwar nicht mehr dabei ist, aber dessen Spitzname nun der Name der Band ist. „Damit ist Micha immer noch Teil der Band“, lacht Johann. Angefangen hat 2012 alles so: „Wir haben uns immer bei Soeckers‘ Oma in der Nähstube getroffen, um ein bisschen Musik zu machen, aber in erster Linie, um mit den Freunden zusammen zu sein, die die gleiche Musik mögen und um zu trinken. Aus unserer Freundschaft ist dann die Band entstanden. Wir haben einfach nur die Songs nachgespielt, die wir gefeiert haben“, so Johann. Niemand der Band habe eine klassische Musikausbildung genossen. Alle hätten sich alle mehr oder weniger das aneignet, was sie jetzt können. „Nils hat Jules damals gefragt, ob er Bass spielen kann. Jules sagte nein, aber da hatte Nils ihm den Bass schon rüber geworfen”, erzählt mir Johann. „Er war halt ein cooler Typ und stand auf Oasis. Das ging weit über unsere Ansprüche an ein neues Bandmitglied hinaus!“ Wir lachen.
Im Oktober veröffentlichen die Jungs ihre EP „Holterdiepolter“. Und wenn noch ein bisschen Geld von den Auftritten übrig bleiben sollte, spielen sie diesen Sommer weitere Songs ein. „Wir kriegen zwar Unterstützung von einer kleinen Agentur aus Ahaus, aber es ist uns wichtig, dass wir alles selber machen oder zumindest die Aufgaben im Freundeskreis bleiben“, führt Johann aus. So übernimmt Kumpel Luis den Videodreh oder kümmert sich darum Songs bei Spotify anzumelden. Ein ehemaliger Lehrer schießt Bandfotos. Manchmal organisieren auch Bekannte einen Gig: „Man braucht einfach ein Netzwerk, sonst ist es schwer, Fuß zu fassen“, erklärt Johann.
Im Oktober 2014 hat Soeckers als Vorband für Annenmaykantereit gespielt. So richtig auf dem Schirm hatten sie die aber nicht und haben nach ihrem Auftritt Backstage getrunken. „Wahnsinn“, sagt Johann, „es geht halt manchmal sehr schnell. Heute hören viele meiner Freunde AMK und wir haben uns damals lieber ne‘ Flasche Gin Tonic für lau getrunken, anstatt denen zuzuhören.” Ich frage Johann, ob sie denn selbst groß werden wollen: „So insgeheim haben wir bestimmt alle schon mal dran gedacht“, überlegt Johann. Und man könnte Soeckers auch eine gewisse Ähnlichkeit zu Annenmaykantereit unterstellen: um die 20, deutsche Texte, die sich um das Leben mit um die 20 drehen und eine rotzig-ölige Stimme. Johann gibt zu: „Klar haben wir Einflüsse von AMK und warum auch nicht? Ich mag‘ die Musik und du magst sie auch.“
Es ist schon dunkel geworden. Wir sitzen auf Johanns Balkon, hören noch ein paar Proberaum-Aufnahmen und trinken dabei ein Tässchen grünen Tee. “Wir sind definitiv Träumer”, sagt Johann und zündet sich dabei eine Zigarette an. Er gibt mir das Feuer und ich sehe ihn an und denke: So sieht niemand aus, der träumt.
Genre: Garagenpop
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Veranstaltungen: Fiege Kino am 08./09. August in Bochum und EP Release Party am 15. Oktober im Attic Musicclub in Ahaus
Kontakt: info@soeckers.de