Interview: Sechs Fragen an Theja

“theja” ist Indie-Pop-Newcomerin aus Münster. Im letzten Jahr erschien ihre Debüt-EP „FOUR WALLS“. Die darin enthaltene Single „Spain“ wurde allein bei Spotify über zwei Millionen mal gestreamt. 

Am 12. Juni 2023 hat sie ihr erstes eigenes Konzert in der Pension Schmidt organisiert. Gemeinsam mit ihrem Produzenten Jonathan Bourdick und ihrer Band macht sie Musik, die sie selbst unter anderem als wärmend und weich beschreibt.

Genauso erlebt man “theja” auch persönlich. Begleitet von ihrer sanften, kraftvollen Stimme erzählen ihre Lieder sehr persönlich von Gedanken und Gefühlen –  melancholisch und traurig, aber gleichzeitig warm und vertraut, dass man sich gerne davon mittragen lässt. 

Wie sie zur Musik gekommen ist, was ihre Songs vermitteln und wie sie selbst mit schwierigen Phasen im Leben umgeht, hat uns “theja”, die eigentlich Anthea heißt, in einem Interview verraten.

theja, du beschreibst deine Musik als wärmend, weich, getragen von leichter sowie schwerer Energie, leuchtend wie zurückhaltend, melancholisch und ehrlich. 

Wie beschreibst du dich selbst? Wer steckt hinter „theja“?

„Eigentlich sind das auch die Adjektive, die mich persönlich ausmachen. Andere beschreiben mich oft als Person, die etwas Warmes ausstrahlt. Und das zeigt sich auch in der Musik, in der viel Persönliches drin steckt. Auch ich bin in dem Sinne leuchtend und zurückhaltend, dass ich gleichzeitig introvertiert bin und viel Zeit für mich selbst brauche, aber dann andererseits wieder extrovertiert bin. Ich bin gerne unter Leuten und sammle dort an Inspiration und ich liebe es auch, wenn es in der Musik mit der Band auf der Bühne mal fetziger wird und ich eine andere Persönlichkeit einnehmen kann: Aus der eher sanften Persönlichkeit raus in eine offene und laute.“

Das Konzert in der Pension Schmidt war das erste Konzert, das du ganz alleine organisiert und auf die Beine gestellt hast. Was sind deine Eindrücke von dem Abend?

„Die Woche davor habe ich das erste Mal live mit der Band beim „Sommer am U“ in Dortmund gespielt und da war ich noch extrem aufgeregt. Die Jungs und ich spielen jetzt seit einem halben Jahr regelmäßig zusammen, aber ich brauchte meine Zeit, bis ich überhaupt bereit war, zusammen mit der Band aufzutreten. Ich hatte teilweise dadurch, dass ich keine professionelle musikalische Ausbildung habe, wieder Gedanken in Richtung „Imposter-Syndrom“ und mich hat der Gedanke eingeschüchtert, dass das alles studierte Musiker sind und ich plötzlich da stehen könnte und den Takt nicht checke, obwohl ich doch „theja“ bin und das meine Songs sind.

Vor den Konzerten stand wie gesagt ich total unter Anspannung, aber sobald wir dann auf der Bühne standen, wusste ich wieder: Das ist es. Genau das willst du machen.

Beide Konzerte waren also ein großer Erfolg, auch für mich persönlich. Es ist toll zu sehen, wie die Musik ankommt. Auch das Feedback und die Gespräche nach dem Konzert waren sehr schön. Wenn man Musik schreibt, sitzt man häufig im stillen Kämmerlein und fühlt sich nicht so gesehen. Wir haben jeden Donnerstag Abend bis tief in die Nacht hinein geprobt, weil es zu anderen Zeiten nicht ging. Jetzt zu sehen, dass sich das alles ausgezahlt hat, ist umso schöner.” 

Ein Konzert in der Pension Schmidt, Millionen Aufrufe auf Spotify: Wo hast du angefangen und wie bist du bis hierhin gekommen? Wie findet man als junge Musikerin ein Netzwerk und einen Platz in der Musikszene?

„Meinen Produzenten Jona habe ich durch meine Freunde aus der Uni kennengelernt. Die sind damals auf Jona zugegangen und meinten, Theja singt so schön und du machst doch auch Musik. Und so kam es, dass wir uns 2018 das erste Mal zusammengesetzt haben. Das war direkt richtig cool und deshalb haben wir immer weiter gemacht und uns irgendwann entschieden, die SOngs auch zu veröffentlichen.

So richtig in der deutschen Musikszene sind wir also gar nicht drin. Wir haben das Hochschulnetzwerk und ansonsten mache ich eigentlich alles alleine, was Musikvideos, Booking, Konzerte und Social Media angeht. Aber es kommen auch Kontakte über Instagram dazu, zum Beispiel zu anderen Künstlern. 

Und dann haben wir da voll Glück gehabt, dass uns scheinbar jemand bei Spotify total gerne mag und als Kurator in irgendwelche Playlists packt. Wir sind wohl so etwas wie ein kleiner Dauerbrenner für die.

Gefühlt ist es also fast leicht; beziehungsweise die Musik kommt einfach gut an. Normalerweise ist es viel schwieriger, in eine Spotify Playlist zu kommen. Deshalb bin ich natürlich dankbar, einfach so entdeckt worden zu sein und diese Reichweite zu bekommen.

Bei den ersten Songs, die vor der EP „Four Walls“ rauskamen, war das natürlich noch nicht so. Da hatte man noch die üblichen verdächtigen Hörer, bei denen man genau wusste, wer dahinter steht. Deshalb ist es umso schöner jetzt zu sehen, dass unsere Musik weitere Kreise zieht, aber auch zu verfolgen, in welchen Playlists meine Songs landen. Es ist so cool, was die privaten Playlists teilweise für Namen haben. Das gibt mir viel zurück und motiviert mich, weiterzumachen.“

Die Zwanziger sind ja auch eine Zeit, in der sich viele orientierungslos und lost fühlen. Du sagtest bereits, dass du dich gerade in der Musik und deinem jetzigen Leben sehr wohl fühlst. War das schon immer so und wie verarbeitest du solche Themen in deiner Musik? 

„Ja, gerade fühle ich mich sehr ausgeglichen und mache mir viel weniger Sorgen als noch vor eineinhalb Jahren. Aber ich neige auch häufig dazu, vieles zu zerdenken und mir eher ein schlechtes Outcome vorzustellen, auch wenn ich gleichzeitig weiß, dass diese schlimmen Szenarien eigentlich Quatsch sind. Das konnte ich damals noch nicht so gut ausschalten. Dazu kamen dann Leistungsdruck im Studium und die Zweifel daran, was ich eigentlich vom Leben will. Damals hatte ich auch noch nicht das gleiche Selbstbewusstsein bei meiner Musik wie jetzt und habe mich häufig an Anderen orientiert. 

Mittlerweile habe ich gelernt, mich auf meine Intuition zu verlassen und auf meine Bedürfnisse zu hören.

Das mit dem sich Lost fühlen kenne ich also sehr gut und das kann auch immer wieder kommen. Aber mit jeder doofen Situation lerne ich auch, dass es danach wieder besser wird.

Und genau wie ich mir selbst gut zuspreche und mir sage, dass man sich mies fühlen darf und dass wieder gute Zeiten kommen, versuche ich auch diese Message mit meiner Musik zu transportieren und Mut zu machen. Ich möchte Akzeptanz für diese Gefühle erzeugen und, dass sich Menschen, die meine Lieder hören, gesehen fühlen – genauso wie ich mich auch im Songwriting selbst sehen kann.

Das finde ich so schön am Musik machen. Ich kann anderen Menschen das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Und das auf eine ganz persönliche und intime Weise, denn ich tue mir und anderen gleichzeitig mit der Musik etwas Gutes.“

Bei deinem Konzert meintest du auch, viele Songs seien traurig oder emotional, aber auch schön. Wie nutzt du die Musik um negative Gedanken zu verarbeiten?

„Im Grunde verarbeite ich sehr viel, was ich persönlich durchlebe, einfach in den Songs. Manchmal sitze ich einfach abends da und es ergibt sich, dass ich dann die Zeilen im Kopf habe – ein bisschen wie beim Träumen, da verarbeitet man ja auch seinen Tag.

Damit setze ich mich dann teilweise ans Keyboard oder an die Gitarre und lege da Akkorde drunter, manchmal habe ich als erstes die Vocal Melodie.

Und mit den Ideen gehe ich dann zu Jona, oder er kommt mit Textideen und Demos zu mir, das ist immer ein Wechselspiel.

Manchmal sitzen wir einfach zusammen im Garten mit der Gitarre, wie bei meinem neuen Song „Buds“. Wir hatten die ersten Sonnenstrahlen im Gesicht, haben über den Frühling geredet und Jona hat auf der Gitarre gespielt und dazu haben wir dann einfach angefangen zu singen.

Aber die negativen Gefühle und das „Lost-Sein“ spiegeln sich auf jeden Fall auch in der Musik wieder. „Deep end“ ist damals nach meiner Bachelorarbeit entstanden. Da habe ich wirklich eine doofe Zeit mit „sich lost fühlen“ und negativen Stimmungen durchgemacht.  Als das alles vorbei war, habe ich mit Jona telefoniert und plötzlich waren die Zeilen da: 

,Deep end, gone crazy and carried away

Deep end, believing I’m staying this way‘.

Der Song handelt von dem Gefühl, dass ich einfach runtergezogen werde und mein Kopf so laut ist – ,wenn the drums don’t stop’.

Magst du uns zum Schluss noch einen kleinen Ausblick geben, wie es bei dir jetzt weitergeht und wo wir dich vielleicht das nächste Mal live hören können?

„Gerade schauen Jona und ich, wie wir uns ein kleines Team aufbauen können, um Planung oder Social Media-Aufgaben teilweise abzugeben und uns wieder mehr auf die Musik konzentrieren zu können. Ich habe momentan einfach total Lust, wieder mehr Musik zu machen, an unseren Demos weiterzuarbeiten und Songs zu schreiben. 

Am 30. Juni 23 spielen wir aber nochmal live beim “Freubad” in Heiden und am 11. November 23 trete ich gemeinsam mit Yasmin Sidibe – große Empfehlung – im Hot Jazz Club in Münster auf.“

Interview: Emely Heydorn