“Mir gefällt es eigentlich total gut!” vs. “Alkohol regelt”

Drei Monate Online-Semester liegen nun bereits hinter uns. Drei Monate geschlossene Bibliotheken, leere Hörsäle und Online-Seminare. In diesen drei Monaten gab es kein gemeinsames Mittagessen in der Mensa und keinen Kaffee zwischen den Vorlesungen, dafür Mitbewohner die ins Zoom-Meeting platzen und versehentlich zugeschaltete Mikros – ohne Zweifel ist in diesem Sommer einiges anders als sonst. Wir haben uns gefragt, wie Ihr, Münsters Studierende, mit diesem außergewöhnlichen Semester umgeht und was ihr ganz allgemein vom Konzept “Online-Semester” haltet. Eure Antworten waren teils positiv, teils kritisch, teils witzig, teils frustriert aber vor allem eins: ehrlich. Wir haben ein paar von ihnen hier für euch zusammengestellt.

Das Online Semester stellt nicht nur die WWU, sondern auch euch Studierende vor ganz neue Herausforderungen. Nicht bei allen kommt das ungewohnte Konzept gut an. Hier erzählen einige Befragte, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben und was sie in ihrem neuen Uni-Alltag am meisten vermissen. 

“Es ist stressiger und mit deutlich weniger Abwechslung. Es gibt aber schon einige Profs die sich Mühe geben”

Jonathan, Archäologie, 3.Semester

“Anstrengend durch die vielen Aufgaben mit Deadlines, zusätzlichen Klausuren und auch etwas stressig, weil man nicht weiß, ob man überhaupt Prüfungen schreiben kann und wie die Zukunft aussieht. Manche Tools finde ich sehr praktisch und denke, dass man sie weiterverwenden sollte. Und ich finde es etwas einsam, dass man die anderen Studis nicht trifft. Es geht irgendwie nur noch um die Lehrinhalte und nicht mehr um das Uni-Leben. Aber ich finde es gut, dass sich die Uni schnell umgestellt hat und die Lehre quasi weitergeht wie bisher. In Musik ist es extrem schwierig, normal weiterzumachen, da der Klavierunterricht per Zoom nicht den richtigen ersetzen kann, bei Chorleitung ist es noch schwieriger. Ich gehe damit um, indem ich mein Lernen auf digitales Lernen umstelle. Ich schreibe meine Wochenpläne auf und versuche mich stärker selbst zu organisieren durch explizite Lernzeiten.”

Katharina, Germanistik und Musik, 8. Semester

„Ich empfinde einige Kurse vom Workload her als anstrengender und zeitintensiver. Es ist auch aufwändiger als sonst, mit Dozent:innen oder Kommiliton:innen zu kommunizieren, alles per Email zu erledigen dauert länger. Und mit einem relativ alten Laptop und wenig technischer Erfahrung, läuft sowieso nicht alles reibungslos. Aber ich bin auch bei vielen Dozent:innen auf Verständnis gestoßen und einige sind auch wirklich sehr entgegenkommend.“

Helena, Philosophie und Deutsch, 4. Semester

“Ich empfinde es auf der einen Seite als spannend, auf der anderen Seite als sehr stressig. Ich vermisse meine Kommiliton:innen und den Austausch, das gehört zum Studieren einfach dazu! Wie ich damit umgehe? Ich sitze fast den ganzen Tag am Schreibtisch und nehme mir aber vor, einmal am Tag nach draußen zu gehen und einmal Sport zu machen. Gesund ist so ein Online Semester bestimmt trotzdem nicht.”

Rike, Spanisch & Biologie, 4. Semester

Dieser Student fasst zusammen, wie er die Hürden dieser Zeit überwindet und trotz Allem optimistisch bleibt:

Alkohol regelt

Lars, Chemie, 4. Semester

Es ließen sich aber auch einige rundum positive Meinungen finden. Diese zwei Studentinnen berichten von den Vorteilen, die das Sommersemester für sie mit sich gebracht hat. Vor allem die Möglichkeit, sich das Lernen selbst einzuteilen, kommt sehr gut an.

“Ich komme eigentlich erstaunlich gut mit dem Online-Semester klar. Ich mache sogar mehr für die Uni als sonst, weil ich viel mehr Zeit in die Erarbeitung von Texten stecken kann, als vorher, wo ich teilweise mit unnötigen Präsenzveranstaltungen zu tun hatte. Damit ich auch zu Hause komfortabel lernen kann, habe ich mir einen zweiten Computerbildschirm gekauft und vom Dachboden einen bequemen Schreibtischstuhl geschnappt. Außerdem hab ich immer einen Kasten Mate zu Hause. Nur die sozialen Kontakte fehlen als Ausgleich voll. Manchmal ist am Ende des Tages mein Kopf mega zu und ich kriege einen Hüttenkoller.”

Henrice, Politikwissenschaften & Soziologie, 4. Semester

“Mir gefällt es eigentlich total gut! Auch, wenn es intensiver ist, ich genieße die Flexibilität und das Homeoffice. Ich mag es, dass man von überall aus arbeiten kann.”

Franziska, Grundschullehramt, 6. Semester

Und auch die Privatsphäre des Home-Office hat ihre Vorteile…

Ich empfinde es als Chance, den ganzen Tag in Unterhose verbringen zu können.”

Chris, Mathematik, 8. Semester

Die meisten von euch sind jedoch etwas zwiegespalten was das Online-Semester betrifft. Obwohl einigen die Präsenz-Termine, und vor allem das gesellschaftliche Campus-Leben fehlen, ist besonders die dazu gewonnene Flexibilität für viele von großem Vorteil. Ein Bereich in dem sich die meisten Befragten einig sind: die technische Umsetzung ist teilweise ausbaufähig, das Online-Konzept bietet aber eine gute Chance für die digitale Weiterentwicklung der WWU.

“Ich finde es anspruchsvoll, aber nicht unbedingt schlecht. Der größte Nachteil ist definitiv der fehlende Kontakt zu den anderen Studierenden. Gleichzeitig finde ich es gut, dass die Uni sich mit dem digitalen Konzept auseinandersetzen muss, da ich glaube, dass da sehr viel Potential dahinter steckt. Zum Beispiel wäre es für die Lehrpersonen viel einfacher Klausuren, bei denen nur angekreuzt wird, am Computer machen zu lassen. Dann ständen die Ergebnisse viel früher bereit. Ich bin sowieso der Meinung, dass die großen Vorlesungen im digitalen Format viele Vorteile mit sich bringen. Beispielsweise kann man sich den Stoff anschauen und wiederholen, wenn es einem am besten passt. Positiv verändert hat sich seit dem Beginn des Online Semesters definitiv, dass das Pendeln entfällt. Trotzdem finde ich es mental belastend, dass mein Arbeits- und Erholungsraum derselbe Ort ist. Mir fehlt eindeutig die klare Trennung von Studieren in der Uni und Entspannen zu Hause.”

Sarah, Anglistik und Islamische Religionslehre, 2. Semester

“Rein technisch finde ich klappt es ganz gut, Zoom ist adäquater wenn auch kein vollständiger Ersatz. Asynchron ablaufende Seminare hingegen finde ich schwierig, besonders wenn nur noch die für bspw. ein Hauptseminar fälligen Studierenden-Referate im Learnweb hochgeladen werden. Da bleibt schon extrem viel auf der Strecke, das ich lieber durch die (virtuelle) Anwesenheit einer Lehrperson vermittelt bekommen würde. Den Lernstoff bereitgestellt zu bekommen und komplett selbst organisieren und erschließen zu müssen kann Spaß machen, kann aber auch schief laufen. Ich finde aber dass die meisten Lehrpersonen sehr gut mit der Situation umgehen, indem sie zum Beispiel das Learnweb-Forum sehr effizient nutzen und ausgestalten, während manche total daran scheitern. Vielleicht sollte man mehr auf die Möglichkeiten, die das Learnweb bietet, hinweisen.”

David, Philosophie & Geschichte 

Das Meinungsbild von euch Studierenden geht in verschiedenste Richtungen, von großer Begeisterung, bis hin zur leichten Verzweiflung. In Einem sind sich jedoch alle einig: der gemeinsame Uni-Alltag mit den Kommiliton:innen ist das, was am meisten fehlt. Denn es ist eben nicht das Gleiche, noch fünf Minuten länger zum Quatschen in der Breakout-Session zu bleiben oder sich nach der Vorlesung vor dem Hörsaal zu unterhalten. Auch wenn dieser Aspekt uns das Sommersemester in diesem Jahr etwas erschwert, bietet uns die digitale Veränderung auch gleichzeitig eine neue Chance. Denn die technische Umstrukturierung ist für die WWU nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine gute Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Wir hoffen daher, dass man die positiven Erfahrungen aus dem Online-Semester trotz aller Schwierigkeiten mitnehmen kann. Aber vor allem freuen wir uns natürlich darauf, bald wieder gemeinsam mit euch im Hörsaal zu sitzen!

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